Accords nouveaux

François-Pierre Goy & Andreas Schlegel

Interessanterweise werden einigen Judentänzen Skordaturen zugrunde gelegt, welche auf die alte 5-chörige Laute weisen.

Der Judentanz von Hans Newsidler, Das Ander Buch, Nürnberg 1544, R iiij v - S j v

Die Stimmanweisung ist missverständlich:
„ziech Erstlich den Mitlern Brumer und die klein saitten/ die Newen dem mitl Brumer stet/ der zieffer fürn/ gleich als da 4. und den klein Brumer. Muß gleich lautten/ wie der mitl Brumer wie vor gemelt der mitl Brumer unn die saiten dar Newen/ unn der klein Brumer müssen all drey ein gleiche stimm haben/ und der zieffer viere als da 4 gleich lautten/ unn die Ebrer quint saitten muß man dem t gleich ziehen/ so ist der zug recht.“

Hinweise:
Die „4“ und das „t“ beziehen sich auf Koordinaten der deutschen Lautentabulatur. Die „4“ bedeutet den 2. Chor leer, während das „t“ die Greifstelle auf dem 2. Chor, 4. Bund meint.

Es existieren zwei Auslegungen, die auf dem PDF den zwei Übertragungen zugrunde gelegt wurden. 

Variante oben nach Podolski (mit der Bass-Saite des gesplitteten 4. Chors: ffha-; mit Oktavsaite 4. Chor: ffde-)
(Michel Podolski: Le Juden tantz. Analyse et transcription, in: Revue Belge de Musicologie XVII, 1963, S. 29ff.):
Quint sayten: 1. Chor, normal a1 = a1
Gesang sayten: 2. Chor, normal e1 = e1
Mittel sayten: 3. Chor, normal h = h
klein Brumer: 4. Chor, normal g = e/gis'
Mitl Brumer: 5. Chor, normal d = e
Groß Brumer: 6. Chor, normal A = nicht verwendet

Variante unten u.a. nach Apel (Willi Apel: Die Notation der polyphonen Musik 900-1600, Leipzig 1962, S. 84-87, wobei Apel die Laute in g denkt und ergo alle Töne seiner Stimmauflösung einen Ganzton tiefer stehen):
Quint sayten: 1. Chor, normal a1 = gis1
Gesang sayten: 2. Chor, normal e1 = e1
Mittel sayten: 3. Chor, normal h = h
klein Brumer: 4. Chor, normal g = e
Mitl Brumer: 5. Chor, normal d = e
Groß Brumer: 6. Chor, normal A = nicht verwendet 

Die Deutung mit dem gesplitteten 4. Chor klingt logisch und ist der Klanglichkeit des Judentanzes von Heckel (der aber eine andere Beschreibung liefert, s.u.) verwandt.

Heckels „Leyrer zug“ (ffdef) ist auf S. 168 des Tenor Lautten Buchs von 1562 folgendermassen erklärt:
„Nemmlich der groß Bumhart sol der mittel seyten gleich gezogen werden / Der mittel Bumhart sol der gesang seyten gleich gezogen werden/ und der kleyn Bumhart soll dem t auf der gesang seyten gleich gezogen werden/ so steht sie recht.
Quint seyten: 1. Chor, normal a1 = a1
Gesang seyten: 2. Chor, normal e1 = e1
Mittel seyten: 3. Chor, normal h = h
klein Bumhart: 4. Chor, normal g = gis
Mittel Bumhart: 5. Chor, normal d = e
Groß Bumhart: 6. Chor, normal A = H 

Somit handelt es sich mit Ausnahme des gesplitteten 4. Chores und des bei Newsidler nicht verwendeten 6. Chores um die gleiche Stimmung wie die von Podolski vorgeschlagene Deutung der Newsidler-Skordatur.

Heckel verwendet diese Skordatur für den Juden-Tantz, den Kochelsperger Tantz und den Schweitzer Tanz der sibentaler genandt … von Urban Weiß.