Accords nouveaux

François-Pierre Goy & Andreas Schlegel

Die Angélique – ein Modeinstrument aus der Theorbenfamilie

Struktur:
0 Jüngste Publikation
1 Einführung
2 Instrumente
3 Musikquellen
4 Ikonografische und literarische Quellen und deren Inhalt, chronologisch geordnet
5 Chronologische Zusammenfassung

0 Jüngste Publikation

Mathias Rösel, der sich eine Angélique hat bauen lassen und entsprechende praktische Erfahrung sammeln konnte, hat einige wesentliche Erkenntnisse beigesteuert, die nun in diesen Artikel eingearbeitet sind. Sein Artikel erschien im Lauten-Info 3/2014, S. 18-22 der Deutschen Lautengesellschaft und eine Korrektur im Lauten-Info 1/2015, S. 12. 
Seine wichtigsten Erkenntnisse sind: 

  • Das Ms. D-SWl 640, welches als einzige Angélique-Quelle 17 Saiten zu verlangen scheint, enthält 132 Stücke, wobei nach bisherigem Kenntnisstand 34 Übertragungen aus Lautentabulaturen für Angelique darstellen. Es enthält auch Konkordanzen zu F-Pn Rés. 169 (Ms. Béthune) und somit genuine Angélique-Musik. Es scheint aber, dass die Übertragungen in Angélique-Tabulatur keine Rücksicht auf die spieltechnischen Gepflogenheiten der Angélique nehmen. Auch ist die unpraktische Seitenanordnung mit vielen Blätterstellen für eine praktzisch gebrauchte Quelle in dieser Zeit sehr ungewöhnlich. Somit liegt der Verdacht nahe, dass es eine akademische Umschrift ist. Entsprechend sollte nicht von dieser Quelle her geschlossen werden, dass die Angélique 17 Saiten hatte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es 17-saitige Angeliques gab, aber die Verwendung der Zahl „17“ in D-SWl 640 könnte die Folge der Verwendung einer Umschrifttabelle sein, welche bei den Tönen D (einer Umstimmung der normalerweise auf C gestimmten 16. Saite) die „16“, beim C „17“ aufführt.
  • Der Name wird in historischen Quellen ausschliesslich mit „Angélique“ angegeben. Die verdeutschten „Angelica“ bzw. „Angelika“ sind moderne Kreationen.
  • Die immer wieder kolportierte Angabe, dass Praetorius im Theatrum Instrumentorum, Bd. 2, Tafel XXXVI eine Angélique abgebildet habe, wird zurückgewiesen. Bei der dortigen „sonderbaren Laute, die nach der Art der Harfe traktiert wird“, ist keine Angélique abgebildet, sondern ein eigenständiges Instrument. Dieses wird in den Lute News 108, Dezember 2013, S. 10-15 beschrieben.

1 Einführung

Die Angélique ist ein Zupfinstrument der Lautenfamilie – genauer der Theorbenfamilie, also der Instrumente mit frei schwingenden Bass-Saiten, die an einem verlängerten Hals mit eigenem Wirbelkasten angebracht sind. 
Die Angélique weist 16 Einzelsaiten auf, die im Prinzip komplett diatonisch gestimmt sind (e’ d’ c’ h a g f e d c H A G F E C; die 16. Saite kann auch auf D oder B gestimmt sein). Die Saiten werden der Tonart angepasst.
Die erhaltenen Quellen weisen auf folgende Regionen:
Paris (Ms. Monin und die Akten zu Vignon und Demesnil)
Lyon (Ms. D-MZfederhofer)
Strassburg (Ms. Béthune; Strobel; Gumprecht; Vignon)
Mainz (Nachdruck Kremberg)
Stuttgart (D-SWl 640, sofern es wie andere Lautensachen des Erbprinzen Frierdrich Ludwig von Württemberg via seine Tochter Luise Friederike von Mecklenburg-Schwerin, ehemalige Prinzesin von Württemberg (3.2.1722-2.8.1791) nach Schwerin gebracht wurde)
Raigern (CZ-Bm 4081 / A 3329)
Dresden (Kremberg)
Hamburg (Tielke-Instrumente)
Somit war die Angélique in Frankreich und im deutschsprachigen Gebiet in Gebrauch. Die vier erhaltenen Instrumente lassen zwei Typen erkennen: den französischen und den deutschen Typ, welche sich in der Anzahl der über das Grifbrett laufenden Saiten unterscheidet (französisch 8, deutsch 10).

Man muss sich immer bewusst sein, dass jeder neue Fund aufgrund der wenigen erhaltenen Quellen erhebliche Auswirkungen auf unser heutiges Bild über die Angélique haben kann.

Deutsche Instrumente: 
Die Disposition lautet bei deutschen Instrumenten 10 Saiten auf dem petit jeu und die restlichen 6 Saiten auf dem grand jeu, das in Form eines Schwanenhalses ausgeführt ist. Das Grössenverhältnis zwischen petit jeu und grand jeu beträgt etwa 2:3 (Quinte). Die Mensur beträgt bei der Fleischer-Angélique 70,5 / 102,5 cm, bei der Tielke aus Schwerin 71,6 / 105,6, bei derjenigen aus Zürich 68,0 / 100,3.
Aufgrund der ähnlichen Bauweise wurden Angéliques in Deutschland zu Barocklauten mit Schwanenhals umgebaut. Es musste nur der Steg ersetzt und zusätzliche Wirbel angebracht werden – oder man spielte das Instrument einsaitig bezogen.

Instrumente 33 Angelique

Angélique (deutscher Typ) von Joachim Tielke (s.u.), Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern
Interessanterweise sind die Nummern der Saiten gleich unter der Rosette und oberhalb des Stegs auf der Decke notiert! (Herzlichen Dank an Wolfgang Wenke, der mir Werkstattfotos zu diesem Detail gezeigt hat.) 

Französische Instrumente scheinen sich eher an der Theorbe zu orientieren, jedoch mit einem kleinen, fast halbrunden Korpus mit wenigen Spänen und mit der Disposition 8x1/8x1. Ein naher Zusammenhang mit der kleinen 14-saitigen „Théorbe de pièces“, die in d gestimmt ist und den identischen Tonumfang hat, ist augenfällig (obwohl kein solches Instrument erhalten ist).
Bilder des französischen Typs (genauer vom Instrument E.980.2.317) können auf der Seite der Mediathek der Cité de la musique auf http://mediatheque.cite-musique.fr unter „collections du musée“ - „photos“ mit dem Suchbegriff „angelique“ gefunden und angesehen werden.

In der Forschungsgeschichte wurden mehr als 14-chörige Instrumente oft einfach als „Angéliques" bezeichnet. Bei differenzierter Betrachtung der Entwicklung der Theorbeninstrumente sieht man, dass offensichtlich Theorben mit unterschiedlicher Anzahl Saiten existiert haben müssen: 11-chörige, 14-chörige, 18- und 19-chörige Instrumente sind aus den erhaltenen Quellen gesichert. Somit müssen alle als Angéliques eingestuften Instrumente sorgfältig überprüft werden.
In diesem Zusammenhang ist ein Vergleich der Notation der Basschöre von Theorbe/Laute und Angélique aufschlussreich: Die Notation für Angélique ist eine von der Laute und Theorbe weitgehend unabhängige Schreibweise:

7 a unter System
8 a
9 /a
10 //a
11 ///a
12 ////a
13 /////a
14 4
15 5
16 6
(17) 7

Dies im Gegensatz zur Theorbe und der Barocklaute (franz.Tabulatur):

7 a unter System
8 /a
9 //a
10 ///a
11 4 (in der Frühphase der 11-chörigen Laute auch ////a)
12 5
13 6
14 7

Diese Verschiebung gegenüber der Laute/Theorbe, die von der unterstrichenen 8. Saite herrührt, ist merkwürdig. Laute zu spielen und gleichzeitig nebenher noch Angélique-Tabulatur zu lernen, kann in der Praxis etwas verwirrend sein. 
Neben dieser Schreibweise der Bass-Saiten kommt in zwei deutschen Quellen ein System vor, in welchem die Bässe mit der Nummer der Saiten notiert sind, also mit 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 und 17. Die zwei Quellen, aus denen dieses System bekannt ist, sind D-SWl 640 und D-Kl 4° Mus. 108.IV In letzterem Manuskript, das ansonsten für Viola da Gamba  geschrieben ist, steht fol. 52v nur der erste Teil einer Gavotte, die als tiefste Saite die 14 verlangt. Eine Übertragung dieses Stückes ist hier einsehbar.

Hinweis:
Das noch heute verwendete Verzeichnis von Pohlmann (Laute, Theorbe, Chitarrone) enthält viele Irrtümer – gerade auch bezüglich der Angélique. Die wichtigsten seien hier aufgeführt:
Quellen:
Königsberg (heute Vilnius) A 116: Kein Stück für Angélique enthalten.
London Sloane 2923: Kein Stück für Angélique enthalten.
Schwerin: Signatur muss Ms. mus. 640 heissen.
Instrumente: Die Instrumente von Fleischer und Tielke sind irrtümlich doppelt aufgeführt.

Das Instrument aus Bruxelles (Nr. 1578) ist gemäss Augenschein des Verfassers zusammen mit Marcus Wesche und Renzo Salvador vom Frühjahr 2009 sicher keine Angélique. Gemäss jüngsten Erkenntnissen handelt es sich wohl um eine Chitarra attiorbata. Der Steg mit der Disposition 17 x 1 ist sicher nicht original. Ausser der Anzahl Saiten (heute 17 Einzelsaiten) weist nichts auf eine Angélique, viele bautechnische Details jedoch auf ein in Italien gefertigtes Instrument hin. Das petit jeu weist 9 Wirbel auf, so dass eine Disposition mit 1x1 + 4x2 – die Disposition für eine Chitarra attiorbata – am ehesten in Frage kommt. Die Disposition mit 1x1 + 4x2 = 53,8 cm / 8x1 = 106,8 cm weist auf eine höher gestimmte Chitarra hin, z.B. in g1 statt e1. Das Instrument ist abgebildet in: Andreas Schlegel & Joachim Lüdke: Die Laute in Europa 2, Menziken 2011, S. 114.

2 Instrumente

Erhaltene Instrumente

a) im Originalzustand

Französischer Typ:

anonym (apokryphe Etikette „Joan d’Arion / in Bollonia 1574“) Paris, Cité de la Musique, E.980.2.317, ca. 1680
petit jeu 8x1 = 69 cm / grand jeu 8x1 = 114,5 cm
Abbildung und Beschreibung in: 
Dugot, Joël (Hrsg.): Les luths (Occident). Catalogue des collections du Musée de la musique (vol.1), Paris 2006, S. 94-95.
Dugot, Joël: Approche iconographique du théorbe en France 1650-1700, in: Musique. Images. Instruments, N° 2 1996, S. 177-184.
Dugot, Joël: La facture des instruments à cordes au temps de Jacques Dumesnil et Jean Desmoulins. Une approche à travers leur inventaire après décès, in: Gétreau, Florence (Hrsg.): Instrumentistes et luthiers parisiens XVIIe-XIXe siècles, Paris 1988, S. 35-49, speziell S. 42.

anonym, New Haven, University of Yale, N° 4563-60, ca. 1680 
ev. gleiche Werkstatt wie Pariser Angélique? Umbau einer Laute von Wendelio Venere, Padua 1592
petit jeu 8x1 = 74 cm / grand jeu 8x1 = 127 cm
Abbildung und Beschreibung in: 
Dugot, Joël: Approche iconographique du théorbe en France 1650-1700, in: Musique. Images. Instruments, N° 2 1996, S.177-184.

Deutscher Typ:

Tielke, Joachim, Hamburg 1704 (Schwerin, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern; oben abgebildet; TieWV 139)
petit jeu 10x1 = 71,6 cm / grand jeu 6x1 = 105,6 cm

Fleischer, Johann Christoph, Hamburg o.J. [1695/1700] (Schwerin, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern)
petit jeu 10x1 = 70,5 / grand jeu 6x1 = 102,5 cm

Typisch für diese Angéliques scheint der seitlich angesetzte Chanterelle-Wirbelkasten sowie das in der bassseitigen Wandung des unteren Wirbelkastens ausgestochene Fach für zwei Wirbel. Dieses Merkmal findet man auch bei der Barocklaute im Portrait von Adam Falckenhagen, so dass sich dort die Frage nach einer umgebauten Angélique stellt.
Beide Instrumente sind abgebildet in: 
Roloff, Andreas: Per musicam ad mundum. Historische Musikinstrumente im Bestand der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin (Thomas Helms Verlag) 2008
Die Tielke-Angélique TieWV 139 ist besprochen und abgebildet in:
Hellwig, Friedemann & Barbara: Joachim Tielke. Kunstvolle Musikinstrumente des Barock, München 2011, S. 123-125. 
Hellwig, Friedemann: Laute, Angélique und Theorbe bei Joachim Tielke, in: Ahrens, Christian und Klinke, Gregor (Hrsg.): Laute und Theorbe. Symposium im Rahmen der 31. Tage Alter Musik in Herne 2006, München & Salzburg 2009, S. 80-96
Schlegel, Andreas: Die Laute in Europa, 1. Auflage, Menziken 2006, S.41 (Vorderseite)
Schlegel, Andreas & Lüdtke, Joachim: Die Laute in Europa 2, Menziken 2011, S. 174, Mitte (Rückseite).
Hellwig, Günther: Joachim Tielke. Ein Hamburger Lauten- und Violenmacher der Barockzeit, Frankfurt am Main, 1980, Katalog-nr. 120 (S. 304-305). 
Die Fleischer-Angélique ist abgebildet in: Schlegel, Andreas & Lüdtke, Joachim: Die Laute in Europa 2, Menziken 2011, S. 172.

b) umgebaute Instrumente

Deutscher Typ:

Tielke, Joachim, Hamburg (Zürich, Museum Bellerive, Inv.-nr. 1963-60.33, wohl ca. 1704; TieWV 143)
petit jeu ursprünglich 10x1 = 68,2 / grand jeu ursprünglich 6x1 = 100,2 cm

Dieses Instrument wurde zu einer 13-chörigen Barocklaute umgebaut. Hierfür wurden die Wirbellöcher des petit jeu ausgebuchst und neue Wirbellöcher gesetzt. Der Wirbelkasten des grand jeu wurde auf der Deckenebene (also flach) abgesägt und durch einen neuen, verlängerten Wirbelkasten in ähnlichem Stil ersetzt. Diese Spuren sind sehr deutlich auch in der belassenen Verzierung auf der wegen des Schnitts auf Deckenebene erhaltenen Rückseite des oberen Wirbelkastens zu sehen: Die Elfenbeinverzierung ist auf die ursprüngliche Länge des Wirbelkastens bezogen und der jetzige verlängerte Wirbelkasten wirkt somit merkwürdig, weil im obersten Teil keine Verzierung vorhanden ist.
Die Rosette fehlt; es existiert aber im Nachlass von Günther Hellwig ein Foto der inzwischen verschollenen Rosette. Der Steg weist eine unpassende und verkehrt aufgeleimte Abdeckung auf. Der untere Teil scheint aber aus der Zeit des Umbaus zu stammen.
Der Zettel soll die Jahreszahl 1680 getragen haben. Er ist aber verschollen oder befindet sich unter der Verklebung der Muschelinnenseite mit Karton. Aufgrund stilistischer Beobachtungen datiert Friedemann Hellwig das Instrument auf ca. 1704.
Das ganze Instrument sowie Details sind abgebildet in: 
Hellwig, Friedemann & Barbara: Joachim Tielke. Kunstvolle Musikinstrumente des Barock, München 2011, S. 126-128. 
Schlegel, Andreas & Lüdtke, Joachim: Die Laute in Europa, 2., stark erweiterte Auflage, Menziken 2011, S. 174.
Die oberen Wirbelkästen des Instruments sind abgebildet in: Ahrens, Christian und Klinke, Gregor (Hrsg.): Laute und Theorbe. Symposium im Rahmen der 31. Tage Alter Musik in Herne 2006, München & Salzburg 2009, S. 91.
Die früheste Beschreibung ist erfolgt in: Hellwig, Günther: Joachim Tielke. Ein Hamburger Lauten- und Violenmacher der Barockzeit, Frankfurt am Main, 1980, Katalog-nr. 20 (S. 160). 

Tielke, Joachim, Hamburg 1698 (Privatsammlung London; TieWV 101a)
2011 tauchte dieses Instrument an einer Auktion in Warwick, Grossbritannien, auf. Die Beschreibung von Friedemann Hellwig ist auf der Tielke-Homepage www.tielke-hamburg.de unter Addenda herunterzuladen oder via diesen Link.
Ein entsprechender Artikel von James Westbrook „A rare 1698 Joachim Tielke Angélique“ findet sich an zwei Orten:
The Lute, Vol. L (2010; © 2013), S. 1-14
FoMRHI Quarterly No 125, December 2013, S. 37-50

Tielke, Joachaim, Hamburg, nach 1702 (Willisau, Musikinstrumentensammlung Inv.-Nr. 28; TieWV 131a)
Das Instrument ist heute eine Mandora (1x1 + 5x2 = 72,7 cm) und enthält folgende Etiketten: hs. Zettel: „Magnus Dieffenbrugger 1612“. – Gedruckter Zettel (weißes Papier) über den linken Teil des nachstehenden geklebt: „Paulus Alletsee,“. – Hs. Zettel: „Renovit 1716“. Die Zuschreibung an die Werkstatt Joachim Tielkes erfolgt anhand des Umrisses, des Ornaments und der Größe der Rosette, der Zahl und der Materialien der Späne des Rückens sowie der Form der Kappe. Welcher Art das Instrument aber ursprünglich war, ist heute nicht mehr genau festzustellen; die Breite des ehemaligen Halses spricht eher für eine Angélique als für eine Laute. 
Die Beschreibung von Friedemann Hellwig ist auf der Tielke-Homepage www.tielke-hamburg.de unter Addenda herunterzuladen oder via diesen Link.

c) noch nicht verifizierte Instrumente, die in Fachliteratur als Angéliques aufgeführt sind:

entfällt

d) Instrumente, die in Fachliteratur als Angéliques aufgeführt sind, aber entweder nur noch wenige Teile aus ihrer Entstehungs- resp. "normalen" Gebrauchszeit des Instrumentes enthalten oder Fehlzuschreibungen / Fälschungen / Nachbildungen darstellen:

Leipzig Nr. 527 (laut Pohlmann): nicht im Lautenweltadressbuch; Mitteilung vom 18.2.10 von Klaus Martius: "Die Angélique Nr. 527 in Leipzig ist laut Kinsky (S. 123) eine «in der Werkstatt des Museums angefertigte Nachbildung». Deswegen ist sie nicht im Lautenweltadressbuch, da ja dort nur «historische Lauten» (oder was man bislang dafür hält) aufgenommen werden sollen." Literatur: Kinsky, Georg: Katalog. Musikhistorisches Museum von Wilhelm Heyer in Cöln, II: Zupf- und Streichinstrumente. Leipzig (Breitkopf & Härtel) 1912, S. 123 (Text), S. 121 (Abbildung).

Prag, Národni Muzeum Nr. 31/E 6: gemäss Lautenweltadressbuch 10x1 = 68,5 + 6x1 = 99,1 cm mit gedruckter Etikette „THOMAS HULINZCY // Fecit Pragae Anno 1754“ sowie einer handschriftlichen Etikette: „Ferd.J.BURES // PRAHA 1902 // SESTA VIL PODLE T.HULINSKÉHO“. 

Jiri Cepelak schrieb mir am 14. Februar 2010 folgenden Kommentar zu diesem Instrument:

„In my research this is completely a fake, made by Mr. Bures in 1902. Allthough there is a handwritten label (on the inner surface of the block) "made after Hulinsky..." I am sure this is a romantic fiction. This instrument was never played and probably it was only a missing member of some mus. instr. collection. I had a possibility to prepare the lutes for the Prague museum exposition and this "lute" had a crack between the ribs so it was necessary to open it. During this operation I found this Bures label which has been unknown so far. This instrument bears the label Thomas Hulinzky  fecit Pragae 1754  but this label is a transfer only, if it is not a complete fake. There is also a "baroque guitar" with the same label and year, which is - in fact - some French 19th C. guitar later decorated in the baroque style (this decoration also looks to be a bit romantic).

Here is the photo which clearly indicates the unauthentic style of work and even it is aside the real instrument making approach...“

Instrumente 34

Instrumente 35

München, Stadtmuseum, 47/10: Laut Lautenweltadressbuch ein massiv repariertes Instrument mit abgecknicktem Wirbelkasten und der handschriftlichen Etikette „B[?]au[?]zius Dalle Bafric d[?]a // me fecit Ano 1633“. Somit weist nichts auf eine Angélique hin.
Das Instrument, das im Lautenweltadressbuch als 9-126 "Tieffenbrucker, Magnus" geführt ist (gedruckte Etikette "Magno dieffopruchar a venitz 1576") und bei den Bemerkungen die Frage aufgeworfen wird, ob dieses Instrument als Angelica gespielt worden sei, ist heute eine Barocklaute mit Schwanenhals mit drei Wirbelkästen. Es spricht nichts für eine Angélique. Abbildung in Bletschacher, Richard: Die Lauten- und Geigenmacher des Füssener Landes, Leipzig 1978, S. 129.
(Mitteilungen von Dr. Joachim Lüdtke)

Die immer wieder erwähnte "Angélique" aus Brüssel dürfte eine Chitarra attiorbata sein (s.o.).

3 Musikquellen

Drucke:

1668 Valentin Strobel: Concert für 2 Angelika und 1 Theorbe, mit Diskant und Bass, Strassburg 1668 (verschollen)

1689 Jacob Kremberg: Musicalische GemüthsErgötzung oder Arien… Dresden 1689 (RISM K 2009)
Für Singstimme, Continuo (bezifferter Bass), Laute, Angélique, Viola da Gamba, Gitarre. Singstimme und Continuo-Stimme sind mit Typendruck, die Tabulaturen für Instrumente mit Kupferstich (s.u. 1709) gedruckt.
Stimmungsanweisungen vor jedem Stück; 16-saitige Angélique in e’ d’ c’ h a g f e d c H A G F E D (mit tonartlichen Anpassungen); 
Bass-Notation: 7: a unter System; 8 a; 9 /a; 10 //a; 11 ///a; 12 4; 13 5; 14 6; 15 7; 16 8
Abbildung einer Seite in „Die Laute in Europa 2“, S. 162 oben.
Link zum Online-Faksimile des Exemplars der Kongelige Bibliotek Kopenhagen; Besitznachweis siehe Stempel „Bibliotheca Regia Hafniensis“.

1696 Jacob Kremberg: Musicalische / Gemüths-Ergätzung / Bestehend / In Allerhand / ARIEN / Mit einer / Singe-Stimme / Und dem / GENERAL-BAS. o.O. 1696 (D-SWl)
Diese Edition beinhaltet nur den Typendruck von Krembergs Druck von 1689 und lässt Platz für die Kupferstiche. Die Kupferstiche mit den Tabulaturen für Laute, Angélique, Viola da Gamba und Gitarre sind aber nicht abgedruckt. Deshalb wird diese Edition weder in der chronologischen Zusammenfassung noch auf dem Poster (Die Laute in Europa 2) aufgeführt.

1709 Jacob Kremberg: Musicalische Gemüths-Ergetzung oder Zusammen-Stimmung vier der anmuthigsten musicalischen Instrumenten, als der Lauthe, der Angelica, der Viola di Gamba, und der Chytarra, welche nach der neuesten italiänischen und französischen Manier also eingerichtet ... [Titel auch in franz. Sprache], Mainz 1709 (RISM [AN 1864: PL-Cb): 
Nachdruck der Kupferplatten von 1689, aber ohne den Typendruck mit Singstimme, Continuo-Stimme und Text.
Abbildung einer Seite in „Die Laute in Europa 2“, S. 162 unten.

Handschriften:

1664 ca.: F-Pn Vm7 6212 (Ms. Monin)
Diese Handschrift ist in mehreren Etappen geschrieben worden. Die Schicht mit den Einträgen für Angélique kann gemäss der Inschrift auf Vorsatzblatt V (s.u.) auf ca. 1664 datiert werden. Marguerite Monin bezeichnet sich da als Schülerin von Béthune. Welcher "Béthune" dies sein könnte, ist nicht mit letzter Sicherheit festzustellen. Bisher war "Michel de Béthune" damit verbunden worden. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass "Jean Betune" (s.u., Ms. Béthune) Monins Lehrer war.

1. Eintragungsschicht, datierbar 1664, s.u.: Fol. 1r-7r: Nr. 1-9, 8-14r: Nr. 11-22, 14v-16r: Nr. 24-25, 16v-21r: Nr. 27-30, 22v-23v: Nr. 32-33, 24v-25v: Nr. 35 (oft steht: „par betune le cadet“).
16-saitige Angélique, Bass-Notation: 7: a unter System; 8 a; 9 /a; 10 //a; 11 ///a; 12 ////a; 13 /////a; 14 4; 15 5; 16 6.

2. Eintragungsschicht: Für Laute (10 und 11 Chöre in dfedf und ededf): Datierbar sind die Gavotte „Vous savez l’amour extrême“ aus Lullys „Ballet des Muses“ LWV 32/7 von 1666 (Fol. 83) sowie das „Prélude du Sommeil“ aus der Oper „Atys“ LWV 53/54 (Fol.31), die 1676 aufgeführt wurde. Bearbeitungen aus späteren Opern: „Roland“ LWV 65/11 von 1685 (Fol. 79v-80); „Zéphire et Flore“ von 1688 (Fol. 51, 62v)

3. Eintragungsschicht: Theorbe 10-chörig (FFeff)

Vorsatzblatt V: „ce 17 nouambre 1664 monsieur de bestune a couman/ce a ma prendre…/ a iouer de langelique… Marguerite Monin“
Vorsatzblatt VIv: „ce Livre apartient/ a Madame falconet“ 

Zu Marguerite Monin siehe die Ausführungen von François-Pierre Goy in der Edition Französische Lautenquellen des 17. Jahrhunderts mit Beteiligung von Notator B der „Rhétorique des Dieux“, (in Vorbereitung). Hier nur soviel:  Marguerite Monin wurde am 2. September 1649 in Lyon getauft. Am 11. Februar 1670 heiratete Marguerite Monin in Lyon den Arzt Noël Falconet (1644-1734). Ihr ältester Sohn, Camille Falconet (getauft am 29. März 1671) erbte die Lautenbücher seiner Mutter - darunter auch F-Pn Rés. Vm7 375 (Denis Gaultier: Pièces de Luth, Paris [1669/70]). Marguerite Falconet, geborene Monin, starb wohl am 18. Januar 1689 und wurde tags darauf in Sainte-Croix begraben.

1670 ca.: D-MZfederhofer s.c. = Mainz, Privatbibliothek Federhofer, Ms. o.S.
zwischen 1670 (Angelika-Teil) und ca. 1685 (datiert 1673) in Lyon und Rom zusammengetragen. 
Hand 1 = „Votre Serviteur de monchy / a Lion“ (S. 72): S. 3-9 und 64-72: Angélique
S. 3: „pour a corde Langi lique“ mit Stimmanweisung in Tabulatur: ccbcc / cdfhilnpqs
16-saitige Angélique, Bass-Notation: 7: a unter System; 8 a; 9 /a; 10 //a; 11 ///a; 12 ////a; 13 /////a; 14 4; 15 5; 16 6
Hand 2: S. 10-34: Gitarre effe (z.B. e’ c’ g dd’ (?) b) für S. 10-19, effd (z.B. e’ c’ g dd’ (?) h) für S. 20-25; feff (z.B. e’ h g dd’ (?) a) für S. 26-34
Hand 3: S. 35: Laute dfedf / ce[fhk] (z.B. f’ d’ a f d A G F [E D C])
Hand 4: S. 36: Alfabetto für Gitarre in Normalstimmung feff
Hand 5 = „Julien / Blouin A Rome / le 11me Avril / 1673“ (S. 38): S.38-57 Gitarre in Normalstimmung feff
Hand 6: S. 58 Gitarre in Normalstimmung feff
Hand 7: S. 59-61 Gitarre in Normalstimmung feff (ohne Rhythmuszeichen).

1681 ca.: F-Pn Rés. 169 (Ms. Béthune)
Titelseite 1681 von Johann Adam Seupel (1662-1717) für den Strassburger Verleger Simon Paulli gestochen.
Besitzvermerk vom 13. September 1759: „Franciscus Antonius Mutanus“.
Weiterer Vermerk: „Hambourg [nicht identifiziertes Monogramm?] av[ocat] a Saverne / 1759 (?)“.
Genannte Autoren: Strobel, Gumprecht, Vignon, Béthune (hat neben eigenen Stücken auch Werke von Strobel und Gumprecht eingetragen: z.B. „Allemande de Gumprecht changée par M. de Béthune“).
Valentin (II) Strobel wurde 1611 in Halle geboren und ist als Lautenist und Theorbenspieler von 1638 bis mindestens 1669 in Strassburg nachweisbar. Er soll gemäss Frankfurter Katalogen 1668 einen Druck mit „Concerten mit zwey Angeliquen und Theorbe, samt Dessus und Bassus“ veröffentlicht haben.
Johann Gumprecht der Ältere (1610-1697) wurde am 24. Januar 1610 im protestantischen Pfarreibezirk Bad Windsheim unweit von Nürnberg getauft. Nach einem Abstecher an die Universität Basel (1638 bis mindestens 1639) zog er nach Strassburg. Dort taucht sein Name erstmals am 16. Juli 1643 auf, als er Anna Wolffhart zu seiner ersten Frau nahm. Weitere biographische Angaben sind zu finden in: Meyer, Christian und Rollin, Monique (Hrsg.): Oeuvres de Gumprecht (= Corpus des Luthistes Français), Paris (CNRS) 1993.
Strobel und Gumprecht werden gegen 1690 im Ms. Milleran als Musiker „aus Strassburg“ bezeichnet.
Nicolas-François Vignon, Sohn von Hiérosme Vignon, war mit seinem Vater 1653 in Diensten der Herzogin de Lorraine in Paris. Beim Lautenisten, der laut A.Jacquot 1661 in Diensten des Herzogs de Lorraine stand, handelt es sich wahrscheinlich um den Sohn. Den Vertrag zwischen den Vignon und Guillaume Jacquesson haben wir oben (1653) erwähnt.
Béthune wurde bisher meist mit Michel de Béthune gleichgesetzt. 
Michel de Béthune, „maître joueur de luth“ in Paris, hat dort am 28. Januar 1642 im Alter von 34 Jahren geheiratet (Yolande de Brossard, Musiciens de Paris 1535-1792 d'après le fichier Laborde, Paris: Picard, 1965, S. 32). 
In CLF Gumprecht, S. XVII, wird jedoch auf einen "Jean Betune" hingewiesen, der aus Paris stammt und sich 1681 in Strassburg als Angélique- und Gitarrenlehrer für Studenten der dortigen Universität niederlässt. Es scheint wahrscheinlich, diesen Jean Bétune als den Angéliquemeister zu identifizieren, der 1664 Marguerite Monin unterrichtete (siehe oben, F-Pn Vm7 6212) und dessen Stücke auch im vorliegenden Manuskript F-Pn Rés. 169 vorkommen.
Seine Anwesenheit in Strassburg ist durch einen Brief an die Regierung von Gumprecht Vater und Sohn bestätigt, in welchem diese dem "Rat der XXI" der Stadt um ein Verbot von Béthunes Aufenthalt ersuchen (Archives Municipales de Strasbourg, Série V, liasse 51, pièce 7). Leider ist die Antwort auf dieses Begehren nicht bekannt, aber weil mindestens bisher keine weitere Erwähnung von Béthune bekannt ist, ist sein Wegzug wahrscheinlich.

Somit dürfte dieses Manuskript in Strassburg von einem Studenten geschrieben worden sein, der eine Zeit lang Schüler dieses Jean Béthune war. Das relevante Datum ist das Jahr 1681. 
Beim Papier handelt es sich um ein 1681 hergestelltes livre en blanc aus der Offizin von Paulli (siehe Laurent Guillo: Les papiers à musique imprimés en France au XVIIe siècle : un nouveau critère d'analyse des manuscrits musicaux, in: Revue de musicologie, Tome 87 (2001), n° 2, S. 338, dort als PAP-8 aufgeführt). Die Handschrift blieb bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Strassburg.

16-saitige Angélique, Bass-Notation: 7: a unter System; 8 a; 9 /a; 10 //a; 11 ///a; 12 ////a; 13 /////a; 14 4; 15 5; 16 6.

1685-1700, ca: D-Kl 4° Mus. 108 IV = Kassel, Gesamthochschulbibliothek, Ms. 4° Mus. 108 IV (auch als 108.4 bekannt)
In diesem Manuskript für Viola da Gamba findet sich auf Fol. 52v der erste Teil einer Gavotte für Angélique. In diesem Teil werden 14 Saiten verwendet, was Boetticher zur falschen Annahme verleitete, dass dieses Stück für Theorbe sei. Eine Übertragung dieses Stückes ist hier einsehbar.
Bass-Notation (soweit vorkommend): 7: a unter System; 9 9; 10 10; 11 11; 12 12; 13 13; 14 14.

1700-1710, ca.: D-SWl 640 = Schwerin, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern, Mus. ms. 640
Möglicher Besitzvermerk: "Bernardina Charlotta Trezier, née Blanckenfordt"; extrem sorgfältige Abschrift (mehrere ausgestrichene Stellen, die auf Verleser bei Zeilenwechsel etc. hinweisen) mit unpraktischer Seitengestaltung, weil das Blättern beim Abschreiben nicht berücksichtigt wurde. Das Manuskript dürfte in einem sehr kurzen Zeitraum geschrieben worden sein. Wegen der Bearbeitung von Campras "Aimable vainqueur" aus der Oper "Hésione", die im Jahre 1700 uraufgeführt wurde, kann die Niederschrift frühestens im Jahr 1700 erfolgt sein.
Scheinbar 17-saitige Angélique; Bass-Notation: 7: a unter System; 8 8; 9 9; 10 10; 11 11; 12 12; 13 13; 14 14; 15 15; 16 16; 17 17. Es handelt sich gemäss Mathias Rösel um eine Quelle mit theoretischen Umschriften, welche auf die spieltechnischen Gepflogenheiten der Angélique keine Rücksicht nimmt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es 17-saitige Angeliques gab, aber die Verwendung der Zahl „17“ in D-SWl 640 ist wohl eher die Folge der Verwendung einer Umschrifttabelle, welche bei den Tönen D (einer Umstimmung der normalerweise auf C gestimmten 16. Saite) die „16“, beim C „17“ aufführt. Deshalb ist anzunehmen, dass die Angélique tatsächlich nur 16 Saiten hatte. Die Instrumente in Schwerin weisen nur 16 statt der in dieser Handschrift erscheinenden 17 Saiten auf.
Einziger genannter Komponist: Strobel („18. Suite de Mr. Strobel“, S.12-15).
Ein Brief von Wilhelm Tappert aus dem Jahre 1883 mit Auflösung der Tabulaturzeichen und einer Übertragung ist beigefügt.

1700-1720 ca.: CZ-Bm 4081 / A 3329 = Brno, Oddeleni Hudebne Historické Moravského Muzea, 4081/A.3329 (auch bekannt unter NM Ms. A 3329):
Das Manuskript stammt aus den Beständen von Kloster Raigern.
Fol. 1 Stimmanweisungen für 16-saitige Angélique in Noten e’ d’ c’ h a g f e d c H A G F E C/B (ccbcc / cdfhilnpqu/w), zusätzlich „Accord de la chytare selon l’Angelique“, wonach (in der geschriebenen Reihenfolge) 
der 1. Chor der Chytare dem 1. Chor der Angélique entspricht (e’),
der 2. Chor der Chytare dem 4. Chor der Angélique entspricht (h),
der 3. Chor der Chytare dem 6. Chor der Angélique entspricht (g),
der 4. Chor der Chytare dem 9. und 2. Chor der Angélique entspricht (d und d’)
der 5. Chor der Chytare dem 5. Chor der Angélique entspricht (a).
Fol. 1v Stimmanweisungen in Tabulatur. Bass-Notation: 7: a unter System; 8 a; 9 /a; 10 //a; 11 ///a; 12 ////a; 13 /////a; 14 4; 15 5; 16 6. (Die Stimmungsdarstellung belegt eine Disposition 10x1 / 6x1.) 
Genannte Autoren: Echau de M. le Conte logis. (PDF Bild 58, = Johann Anton Losy von Losinthal (um 1645-1721)
Weitere Namen: 
Marche de Prince Louÿs (PDF Bild 78): Marsch, dem Feldherrn Prince Louis zuzuordnen (wahrscheinlich der "Grand Dauphin", Sohn Ludwigs XIV, der von 1661 bis 1711 gelebt hat).
Marche de M. Conte Castell (PDF Bild 80): Aus der Familie Castell kommen infrage (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_von_Castell):

Johann Friedrich zu Castell-Rüdenhausen (1675-1749)
Wolfgang Dietrich zu Castell-Remlingen (1641-1709) und dessen Söhne (aus zeitlichen Gründen wohl nur Karl Friedrich Gottlieb aus erster Ehe)

Karl Friedrich Gottlieb zu Castell-Remlingen (1679-1743)
Wolfgang Georg II. zu Castell-Remlingen (1694-1735)
August Franz Friedrich zu Castell-Remlingen (1705-1767)
Ludwig Friedrich zu Castell-Remlingen (1707-1772)

Schmied Cour: (PDF Bild 164)
Interessant ist dieses Manuskript auch wegen Stücken in Tabulatur mit unterlegtem Gesangstext (PDF Bilder 112, 120, 121) sowie Tabulatur und nebenstehendem Gesangstext (PDF Bilder 116-117, 118-119, 122-123, 124-125).
Die Liedtexte konnten bisher noch nicht identifiziert werden.

4 Ikonografische und literarische Quellen und deren Inhalt, chronologisch geordnet

1648, 11.8.
Dumesnil, Jacques: Werkstattinventar nach dessen Tod:
1 angélique.
Siehe: Dugot, Joël: La facture des instruments à cordes au temps de Jacques Dumesnil et Jan Desmoulins. Une approche à travers leur inventaire après décès, in: Gétreau, Florence (Hrsg.): Instrumentistes et luthiers parisiens XVIIe-XIXe siècles, Paris 1988, S. 39.

1653, 31.12.
Paris, Archives nationales, Minutier central, II, 198.
Der Lautenist Jean Vignon und sein Sohn Nicolas François verpflichten sich gegenseitig für 6 Jahre als Lehrkraft für die Angélique. Als „Unterlehrer“ binden sie Henry Boileau ein. Der Lautenbauer Guillaume Jacquesson verpflichtet sich für den gleichen Zeitraum zur exklusiven Lieferung von Angéliques an Vignon- resp. Boileau-Schüler. Jacquesson sei „autheur de la fasson dudit instrument [angélique]“.
Siehe: Lesure, François: The angélique in 1653, in: The Galpin Society Journal 6 (1953), S. 111-112.

1663, 11.9.
Desmoulins, Jean: Werkstattinventar nach dessen Tod:
249 Lauten und 14 Theorben, „eine Angélique mit ihrem schwarzen Holzkasten“ und „eine zur Angélique umgebaute Laute sowie drei weitere mit ihren Kästen“.
Siehe: Dugot, Joël: La facture des instruments à cordes au temps de Jacques Dumesnil et Jan Desmoulins. Une approche à travers leur inventaire après décès, in: Gétreau, Florence (Hrsg.): Instrumentistes et luthiers parisiens XVIIe-XIXe siècles, Paris 1988, S. 39.

1664
Dumanoir, Guillaume (1615-1697), in: Le mariage de la musique et de la dance: contenant la réponce au livre des treize prétendus académistes, touchant ces deux arts. (Paris, 1664; hrsg. von J. Gallay, Paris 1870, S. 67) :
„Ne voit-on pas mesme encor à present qu’en France et en Espagne plusieurs personnes de l’un et de l’autre sexe, et de la plus haute qualité, s’adonnent à la Musique et aprennent à joüer ou du Clavessin, ou de la Guitarre, ou de l’Angelique, ou du Luth? et qu’en Italie, qu’en Allemagne, qu’en Holande, et en quantité d’autres fameux Etats, les plus grands Seigneurs joüent mesme du Violon, et qu’on n’y fait point de Musique ny de concerts sans ce miraculeux instrument?“

1671
Chapuzeau, Samuel
Der Sachse G.Basch erteilt dem Markgrafen von Ansbach Unterricht auf der Angelica.
Siehe: Lesure, François: The angélique in 1653, in: The Galpin Society Journal 6 (1953), S. 111-112.

1680 ca.
Netscher, Caspar (zugeschrieben): "Das Konzert", Öl auf Leinwand, D-Wetzlar, Sammlung Lemmer-Danforth, GE 8
abgebildet in: Martius, Klaus: Laute und Theorbe bei Johann Christian Hoffmann, in: Ahrens, Christian und Klinke, Gregor (Hrsg.): Laute und Theorbe. Symposium im Rahmen der 31. Tage Alter Musik in Herne 2006, München & Salzburg (Katzbichler) 2009, S.110, Text S. 111 mit Fussnote 18 für weiterführende Literatur.

1687
Bonnart, Nicolas (gegen 1637-1718): "Damont joüant de l'Angélique. 1687 // Ce Galant a l'Esprit plus doux // Que Roland, ce foü phanatique ; // Car il n'est nullement Jaloux , // Que l'on aime son Angelique. // Chez N.Bonnart, rüe St. Jacques, à l'aigle, avec privilège."
Stich 27,5 x 19,5 cm, datiert 1687, 
F-Pn  dép. des Estampes
F-P Musée Carnavalet, G. 9138
Abgebildet in: 
Dugot, Joël: Approche iconographique du théorbe en France 1650-1700, in: Musique. Images. Instruments, N° 2 1996, S.180 (Abbildung des Exemplars aus F-Pn)
Gétreau, Florence (Hrsg.): Instrumentistes et luthiers parisiens XVIIe-XIXe siècles, Paris 1988, S. 44 (Beschreibung) und 47 (Abbildung des Exemplars aus dem Musée Carnavalet).
Die Saitendisposition zeigt 16 Wirbel: 10x1 / 6x1

https://i.pinimg.com/originals/6d/c3/ca/6dc3ca8f7f3ab5cd6ba1b6f961ddc3be.jpg

1695
Talbot, James
siehe Prynne, Michael, James Talbot’s Manuscript: IV Plucked strings, in: Galpin Society Journal 14 (1961)
Korpuslänge 66 cm, Gesamtlänge 118,1 cm, petit jeu 10x1 = 66 cm, grand jeu 6x1 = 99 cm.

1700-1701
Sauveur: Principes d’Acoustique, Paris 1700-1701
Auf einer Planche im Anhang zu seinem Traktat gibt Sauveur die Stimmung verschiedener Instrumente an, darunter auch der Angélique. Als Gewährsmann nennt er im Text auf S. 37/38 „Mr. Hurel, qui passe pour un des plus habiles Facteurs d’Instruments à Cordes & à Manche. L’on peut neanmoins les [les instruments, AS] accorder differemment, comme en effet plusieurs le font, & sur tout les Etrangers.“
In den vorher stehenden Bemerkungen zur Darstellung wird die Gitarre erwähnt, nicht aber die Angélique.
Darf somit diese „17“ als Beleg für die Existenz von 17-saitigen Angéliques angesehen werden oder ist es ein ähnlicher Fall wie bei D-SWl 640 (siehe oben)?
In den wenigen erhaltenen Angélique-Tabulaturen aus Frankreich (Béthune, Monin, Federhofer) findet sich keine Umstimmung des 16. Chores auf D und ausschliesslich Notation für 16-saitige Angélique!
Ausserdem ist die Gitarre eine Oktave versetzt angegeben.

Diese Tabelle wird von späteren Drucken wie z.B. der Encyclopédie übernommen. Im Minkoff-Faksimile Art du faiseur d'instruments de musique et lutherie; extrait de l'encyclopédie méthodique, arts et métiers mécaniques [1785] (Genève : Minkoff 1972), ist die Tabelle als Planche 21 abgedruckt.

Instrumente 36 Sauveur

1706
Fuhrmann, Martin Heinrich: Musicalischer-Trichter, Dadurch Ein geschickter Informator seinen Informandis die Edle Singe-Kunst Nach heutiger Manier bald und leicht Einbringen kan, Frankfurt an der Spree 1706, S, 91:

  1. Angelique, ist ein Engelländisch Instrument mit einfachen dämmernden Seiten bezogen / und hat fast einen lieblichen Lauten-Thon.

1750
Gotha: "Inventarium // über // Die Musicalischen Instrumenta // so beÿ Fürstl. Capelle // vorhanden // und // dern Hrn. Capellmeister Benda // übergeben worden; // den 9. Maj. 1750." … "10. Eine Theorbe, so aus einer Angelique gemacht worden."
Zitiert aus: Ahrens, Christian: »vor an der Theorbe und Laute verrichtete Reparatur« – Lauten und Theorben am Gothaer Hof im 18. Jahrhundert, in:  Ahrens, Christian und Klinke, Gregor (Hrsg.): Laute und Theorbe. Symposium im Rahmen der 31. Tage Alter Musik in Herne 2006, München & Salzburg (Katzbichler) 2009, S. 62-63

1785
Im Minkoff-Faksimile Art du faiseur d'instruments de musique et lutherie; extrait de l'encyclopédie méthodique, arts et métiers mécaniques [1785] (Genève : Minkoff 1972), steht auf S. 46 der Artikel "Angélique":
"C'est une sorte de guittare qui a dix touches & dix-sept cordes accordées de suite , selon l'ordre des degrés diatoniques du clavecin. La dix-septième corde est à l'unisson d huitième pié , ou du c-sol-ut des basses du clavecin ; & la chanterelle ou première , est à l'unisson du mi du clavecin qui précèdela clé de g-ré-sol.
Cet instrument est de la classe de ceux qu'on appelle instrumens à pincer , comme le luth , la guittare, &c. dont il diffère peu par sa figure."
Die Encyclopédie erfuhr eine Vielzahl von Nachdrucken. Deshalb wählte ich die vorsichtige Formulierung wegen des Minkoff-Faksimiles, dessen genaue Herkunft des faksimilierten Originals leider nicht exakt angegeben ist. Die Tradition, dass die Angélique 17-saitig gewesen sein soll, geht wohl auf Sauveur zurück (siehe oben, 1700-1701) und entspricht nicht dem Befund der Quellen. Wo Sauveur noch rezipiert und die wohl falsche Angabe mit 17 Saiten weiter transportiert wurde, ist noch nicht untersucht.

5 Chronologische Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung bildet die Grundlage für die Darstellung im Übersichtsposter des Buches "Die Laute in Europa 2“ von Andreas Schlegel & Joachim Lüdtke, 2., stark erweiterte Auflage, Menziken 2011.

Syntax: 
Datum ; Quellen-Typ : Kennung [/] Anzahl Chöre/andere typ.Merkmale
Quellen-Typen (alphabetisch):
IK = Ikonographisches Zeugnis (mit Maler/Stecher und Titel, ev. abgekürzt) (nur dann in Liste aufgenommen, wenn eindeutig das betrachtete Instrument dargestellt ist)
IN = erhaltenes Instrument (nur eindeutige und abgeklärte Instrumente, also B a & b, nicht jedoch 2 c)
QU-dr = Musikalische Quelle, Druck (auch nicht erhaltene, aber aus Literatur bekannte Drucke)
QU-ms = Musikalische Quelle, Manuskript (mit RISM-Sigel und allenfalls Bezeichnung, unter der ein Manuskript bekannt ist sowie allenfalls ein wichtiges Merkmal wie Anzahl verwendeter Chöre)
TE = Textzeugnis (mit Quelle / Stichwort).

1648, 11.8.; TE: Dumesnil
1653, 31.12.; TE: Vertrag Paris
1663, 11.9.; TE: Desmoulins
1664 ca.; QU-ms: F-Pn Vm7 6212 (Ms. Monin) 16-ch
1668; QU-dr: Strobel (verschollen)
1670 ca.; QU-ms: D-Mfederhofer 16-ch
1671; TE: Chapuzeau
1680 ca.; IN: anonym F-P 16-ch
1680 ca.; IN: anonym US-NH 16-ch
1680 ca.: Netscher, Caspar (zugeschrieben): Das Konzert
1681 ca.; QU-ms: F-Pn Rés. 169 (Ms. Béthune) 16-ch
1685-1700 ca.; QU-ms: D-Kl 4° Mus. 108.IV, fol. 52v
1687; IK: Bonnart: Damon, 16 Wirbel: 10x1 / 6x1
1689; QU-dr: Kremberg 16-ch
1695; TE: Talbot 16-ch.
1695-1700; IN: Fleischer D-SW 16-ch
1698: IN: Tielke GB-L 16-ch
1700-1701; TE: Sauveur 17-ch.? 
1700-1710 ca.; QU-ms: D-SW 640 17-ch? Eher 16!
1700-1720 ca.; QU-ms: CZ-Bm A 3.329 16-ch
1704 ?; IN: Tielke CH-Z 16-ch
1704; IN: Tielke D-SW 16-ch
1706: TE: Fuhrmann
1709; QU-dr: [Kremberg] 16-ch
1750: TE: Umbau Angélique zu Theorbe (wohl 13-chörige Barocklaute mit Schwanenhals)
1785: TE: Sauveur-Rezeption in der Encyclopédie