Accords nouveaux

François-Pierre Goy & Andreas Schlegel

Diese Arbeit basiert ursprünglich auf einem Artikel, den uns Christoph Greuter, CH-Solothurn, freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Der Artikel wurde dann aber von François-Pierre Goy und Andreas Schlegel grundlegend überarbeitet und in die Form einer kommentierten Quellensammlung gebracht.
Falls Sie als Leserin / Leser dieses Artikels von einer nicht aufgeführten Quelle oder einem Instrument Kenntnis haben, bitten wir Sie um Benachrichtigung. Diese Seite sollte das aktuelle Wissen sammeln – auch wenn es „nur“ bibliographische Angaben zu Arbeiten über die Mandore sind.
Der Artikel ist noch nicht ganz fertig formuliert. Es stehen noch Ergänzungen aus. 22.10.2008

Aufbau:

A Einführung
1. Überblick
2. Terminologie und Geschichte

B Instrumente
3. Erhaltene Instrumente
4. Ikonografische und literarische Quellen und deren Inhalt, chronologisch geordnet
5. Zusammenfassung der bautechnischen Merkmale der Mandore und artverwandter Instrumente

C Die Musik
6. Musikalische Quellen und bekannte Mandorenspieler

 

1. Überblick

Die Mandore ist ein Diskantinstrument der Lautenfamilie.
Die Wurzeln der Mandore reichen geschichtlich bis weit vor 1500 zurück. Laurence Wright wies die Quinterna als eine Vorläuferin der Mandore nach. Die ersten bekannten Quellen mit Musik für Mandore – Drucke von 1578 und 1585 – sind heute verschollen. Stimmungsangaben sind erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts bekannt; Tonhöhen oder Spieltechniken aus den erhaltenen Quellen des 17. Jahrhunderts. Die Quellen mit erhaltener Musik stammen zur Hauptsache aus den 20er-Jahren des 17. Jahrhunderts und sind französischen sowie schottischen Ursprungs. Zu den wenigen erhaltenen Handschriften gesellt sich nur ein einziger erhalten gebliebener Tabulaturdruck für die Mandore (François de Chancy, 1629). 
Die Mandore ist vor allem in den nordeuropäischen Ländern beheimatet gewesen. Doch es scheint, dass auch südlichere Länder wie Italien oder Spanien das Instrument kannten, wenn auch unter einer anderen Terminologie und mit anderen konstruktiven Merkmalen. Die Mandore ist primär ein Solo-Instrument, wurde aber – wie aus Philip Mercers Gemälde The Music Party zu schliessen – auch als Ensembleinstrument eingesetzt, das dabei die höchste Stimme übernommen haben dürfte. Die Mandore scheint gegen Ende des 17. Jahrhunderts veraltet gewesen zu sein. Hier versiegen auch ihre Musikquellen.

2. Terminologie und Geschichte

Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die Sprache einen Teil der Identifikation eines Instrumentes darstellt. Übersetzungen sind oft Quellen von Missverständnissen; z.B. ist die Mandolino im ital. Sprachgebrauch die Neapolitanische Mandoline, während die englisch ausgesprochene „Mandolino“ für die älteren Mandolinentypen steht, die VOR der Erfindung der Neapolitanischen Mandoline existiert haben. Durch die Übernahme eines Begriffes in eine andere Sprache können also begriffliche „Doppelbelegungen“ entstehen. Deshalb sollten Übersetzungen wo möglich vermieden werden. 
Für unser hier behandeltes Instrument  benutzen wir den Begriff, wie er im Haupverbreitungsgebiet – dem nach Frankreich orientierterten Kulturkreis – verwendet wurde: la mandore resp. der deutschen Orthografie angepasst „Mandore“.
Die Mandore gehört zur Gruppe der Diskantinstrumente der Lautenfamilie. 
Eine Hauptschwierigkeit besteht in der nicht kohärenten Terminologie, die zu vielen Ungenauigkeiten und Verwechslungen geführt hat:
Zu diesen Diskantinstrumenten der Lautenfamilie gehören etwa 

  • die Quinterna, 
  • die Citola - beides Instrumente des Mittelalters, deren Ursprung aber bis in die Antike zurückreichen dürfte - oder 
  • die Mandore des 16. und frühen 17. Jahrhunderts
  • Mandolinenähnliche wie die sogenannte „Barockmandoline“ (ein moderner Begriff!) oder andere aus der Lautenbautradition entwickelte Typen – nicht jedoch die Neapolitanische Mandoline mit vier Chören, welche erst 1751/52 entwickelt wurde [1]

Neben der Namensgebung besteht ein weiteres Problem darin, dass ein Instrument mit gewissen baulichen Merkmalen durchaus in verschiedenen Rollen zu verwenden ist: in unserem Fall als in Quarten und Terz gestimmte Diskantlaute mit weniger als 6 Chören oder als Mandore mit Quint/Quart-Stimmung. Das Aussehen alleine kann also nicht zur definitiven Zuordnung führen: Erst die Stimmung gibt dem Instrument – nach den baulichen Voraussetzungen – seine eindeutige Identifikation. Da aber selten die ursprüngliche historische Besaitung erhalten resp. die verwendete Stimmung ersichtlich ist, sollte in den schwierig abzugrenzenden Gebieten eher der übergeordnete Begriff – hier „Diskantinstrumente der Lautenfamilie“ – verwendet werden.
Laurence Wright [2]  belegt in seiner Recherche, dass das Instrument, das wir hier „Mandore“ nennen, als kleines lautenähnliches Instrument im Mittelalter Quinterna, respektive Gittern (engl.) oder Guiterne (franz.) genannt wurde. Bowles [3]  scheint sich konsequent daran zu halten, wenn er sämtliche Quinternas in Ikonografien des 15. Jahrhunderts als Mandore (engl.) bezeichnet. Verwirrend aber ist, dass Gittern oder Guiterne resp. Guiterre (franz.) später im 16. Jahrhundert auch als generelle Bezeichnung für die 4-chörige Renaissancegitarre benutzt wird.
Ihre Blüte erfährt die Mandore um 1600. Auch in dieser Zeit existierten für dasselbe Instrument verschiedenste Namen: Mandore, Mandora, Mandolini (sic!) oder Mandürinichen (Praetorius). Die Mandore  scheint gegen Ende des 17. Jahrhunderts veraltet zu sein. Denn ab diesem Zeitpunkt versiegen sowohl ikonografische wie musikalische Quellen. Die erhaltenen und bekannten (aber verschollenen) Mandore-Tabulaturdrucke und -handschriften lassen schliessen, dass die Mandore primär in Beziehung zu Frankreich und Schottland steht. Sie ist durch die jahrhundertelange politische, wirtschaftliche und folglich auch kulturelle Beziehung dieser beiden Nationen zu erklären. Doch auch in Italien existiert unter dem Namen Mandola ein ebensolches Instrument, das gegen Mitte 17. Jahrhunderts die spezifischere Bezeichnung Mandolino erhielt, ab da aber in ihren baulichen Merkmalen mehr oder weniger deutlich von unserer Mandore unterschieden werden kann: die Mandore hat normalerweise mehrere einzeln besaitete höchste Chöre, während die Diskant- und Oktavlauten sowie die Mandolinentypen normalerweise doppelchörigen Bezug – oft auch bei der Chanterelle – aufweisen.

Im 18. Jahrhundert bekam der Begriff „Mandora“ ein neuartiges Instrument zugewiesen: das Lauteninstrument in Tenorgrösse. Zu unterscheiden ist die Mandora, welche meist in d’ (auch oft Gallichona genannt) oder e’ (meist Mandora genannt) vom Instrument in a, das im Prinzip den gleichen Korpus wie eine Mandora hat, aber einen viel längeren Hals und Galizona genannt wird (auch Colachon, bei Telemann Calcedon u.ä.). 
Zum Thema Mandora / Galichon siehe auch die nächste Seite „Mandora / Galizona / Colascione“.

In diesem Aufsatz wird die bis zum 17. Jahrhundert verwendete Instrumententyp „Mandore“ (franz./engl.) genannt, um eine Differenzierung zur „Mandora“ des deutschsprachigen Raumes im 18.Jahrhundert vorzunehmen. Somit wird die Sprache zu einem Unterscheidungskriterium. 

3. Erhaltene Instrumente

Erhalten geblieben sind von den älteren Typen einzig eine Quinterna um 1450 von einem Hans Ott aus der Wartburg (Eisenach) und eine weitere, grobschlächtiger gefertigte Quinterna aus dem Ende des 14. Jahrhundert, die Ende der 1990er-Jahre bei spektakulären Ausgrabungsarbeiten in einer Latrine in der alten Hansestadt Elblag (früher Elbing) südöstlich von Danzig aufgefunden wurde [4]
Es scheint, dass bei der älteren Bauart Korpus, Hals und Wirbelksaten oft aus einem einzigen Stück Holz gefertigt wurde, wobei der Korpus ausgehöhlt und mit einer Decke geschlossen wurde. Hinzu kamen der Steg, das Griffbrett, der Sattel und die Wirbel.
Die offenbar jüngere Technik lehnt sich an den Lautenbau und dessen Muschelbauweise des Korpus an.
Das jüngste bekannte Instrument in der alten Bauart ist die wunderbar verzierte Mandore, welche von Boissart im Jahre 1640 beschriftet wurde. Dieses Instrument ist im Buch „Die Laute in Europa 2“ auf S. 126 abgebildet. Masse: Mensur 28,3 cm, Länge total 42 cm, Breite 12 cm, Tiefe 3,5 cm (!!!). Hierzu hat Ian Pitaway in FoMRHI Quarterly 132, October 2015, auf S. 9.30 sowie in seinem Blog http://earlymusicmuse.com/mandore2of3/ publiziert. Das Instrument mit 7 Wirbeln, aber nur 5 Stegbohrungen führt zu Spekulationen über dessen Baugeschichte.
Beispiele für die jüngere Bautechnik und die enge Beziehung zur Laute, dessen Diskant- resp. Oktavversionen bautechnisch kaum eindeutig von der Mandore unterscheidbar sind, liefert zum Beispiel die Sammlung in Wien:

Instrumente 19 Mandore

Lauten von Wendelin Tieffenbrucker aus dem Kunstistorischen Museum Wien, von links nach rechts: 
Alt-Laute SAM 32 (alte Bezeichnung C 36) mit 66,5 cm Mensur; 
Diskant-Laute SAM 35 (olim C 39) mit 44,5 cm Mensur; 
Mandore SAM 37 (olim C 41) mit 30,0 cm Mensur. 
Man beachte die Terminologie der Bildlegende!

Viele Diskantinstrumente der Lautenfamilie sind in Museen immer wieder umbenannt oder einfach als "Laute" oder "Mandoline" klassifiziert worden. Ob bisher als Diskant-Laute oder als Mandoline klassifizierte Instrumente neu als Mandore angesehen werden können, wird die Zukunft zeigen.
Die Verfasser dieser Homepage beabsichtigen, eine möglichst komplette Liste der erhaltenen historischen Mandore und deren Vorfahren zu erstellen. Wir bitten Sie, uns entsprechende Informationen zukommen zu lassen. Besten Dank!

4. Ikonografische und literarische Quellen und deren Inhalt, chronologisch geordnet

Erste bildliche Darstellungen von Quinternen überliefern uns 

• 1511: Sebastian Virdung in Musica getutscht (Basel, Michael Furter, mit Holzschnitten von Urs Graf, 1511; 1518 lateinische Übersetzung durch den Strassburger Organisten und Humanisten Othmar Luscinius, 1538 in Strassburg gedruckt als Musurgia seu praxis musicae

Instrumente 20 

• 1529: Martin Agricola in Musica instrumentalis deudsch (Wittenberg, Georg Rhaw, 1529; 2., erweiterte Auflage 1545)

Instrumente 21

Beide Autoren geben im Text keine weiteren Infrmationen über das Instrument.

 

• 1555: Juan Bermudo, Declaracion de instrumentos (1555) 
Die folgende Übersetzung von Buch 2, Kapitel 32 und Buch 4, Kapitel 68-69, hat uns freundlicherweise Gernot Hilger zur Verfügung gestellt.

Vom Unterschied zwischen der Gitarre und der Bandurria
Kapitel XXXII
Die gemeine Gitarre hat vier Chöre, deren Saiten vierte, dritte, zweite und erste genannt werden können. Die Gitarre hat normalerweise zwei [verschiedene] Stimmungen. Die eine nennt sich a los nuevos und die andere a los viejos. Die Gitarre a los nuevos hat auf den leeren Saiten [den Umfang einer großen] eine große None, die in der folgenden Weise angeordnet ist: von einer Saite zur nächsten ist ein Diatessaron, das ist eine Quart, mit Ausnahme von der dritten zur zweiten, wo es eine große Terz gibt. Diese Gitarre ist nichts anderes als eine Vihuela, der man die sechste und die erste Saite genommen hat. Demnach hat man von dem vierten Chor der Gitarre zum zweiten und vom zweiten zum ersten ein Diatessaron, und vom dritten zum zweiten einen Ditonus.
Die Stimmung der Gitarre a los viejos unterscheidet sich nicht von der a los nuevos, außer daß der vierte Chor einen Ton erniedrigt wird. Zwischen dem vierten und dritten Chor a los nuevos hat man ein Diatessaron; und a los viejos ein Diapente, das ist eine reine Quint. Folglich bleibt der Gitarre a los viejos [ein Tonumfang einer] eine große Dezime. Diese Stimmung ist besser für ältere romances und für musica golpeada [akkordische Begleitung] als für heutige Musik geeignet. Wer für die Gitarre gute Musik intabuliert, wird dies in der a los nuevos-Stimmung tun. Wir haben in Spanien fünfchörige Gitarren gesehen. Auf dieses Instrument kann man die erwähnte fünfte Saite aufziehen.und zwar für Musik, die siebzehn oder mehr Töne benötigt. Man kann diese Musik leicht auf der Gitarre spielen, wenn man eine weitere Saite aufzieht, die ein Diatessaron über der ersten liegt.
Der Ambitus oder der Tonumfang der leeren Saiten der Bandurria ist eine Oktave. Dieses Instrument hat drei Saiten, die dritte, zweite und erste heißen. Auch hat das Instrument zwei unterschiedliche Stimmungen. Die eine ist gebräuchlich und die andere [eher] speziell. Die gewöhnliche Stimmung ist so, daß von der dritten Saite zur zweiten ein Diatessaron [eine Quarte] und von der zweiten zur ersten ein Diapente [eine Quinte] ist. Diese Stimmung scheint sehr alt zu sein, weil sie das Diatessaron zum Fundament hat, wie man es in der alten Zeit gebraucht hat. Deshalb erhöhen einige Spieler die zweite Saite um einen Ton und die Quint wandert in den tieferen Teil und die Quart in den höheren. In dieser Stimmung werden mehr Töne auf den leeren Saiten gespielt als in der ersten [Stimmung]. Die erste Stimmung heißt alt, weil sie viel Wesens von der Quart macht, indem sie als Fundament des Instrumentes gesetzt wird. Die zweite Stimmung ist für heutige Musik besser geeignet. Die Stimmungen der Instrumente müssen der Musik dienen, und so wie die Musik sich wandelt, müssen sich die Stimmungen der Instrumente wandeln.

Über die gemeine Bandurria
Kapitel LXVIII
Um einzulösen, was in diesem Buch versprochen wurde, müssen wir noch über die Bandurria sprechen. Dieses Instrument wird von einigen Spielern sehr geschätzt, darum soll es in diesem Kapitel behandelt werden. Gemeinhin hat die Bandurria drei Saiten [und ist] in Form des Rabel. Es ist nicht essentiell wichtig, daß das Instrument nur drei Saiten hat, aber wir werden erst von denjenigen sprechen, die es jetzt hat und später von denen, die es haben kann. Die Saiten heißen die dritte, zweite und erste. Von einer Saite zur anderen ist ein Intervall einer reinen Quinte, wenn man es so wie einige Spieler stimmt. Auf diese Weise hat die Bandurria auf den leeren Saiten den Tonumfang einer None. Die Spieler, die diese Stimmung benutzen, wollten die Größe und die [Anzahl der] Saiten verringern und so machten sie die Bandurria. Dieses Instrument hat so viele Töne auf drei Saiten wie die Gitarre a los nuevos auf vier.
Manchmal hat das Instrument keine Bünde, und obwohl manche es für eine besondere Leistung halten, ohne Bünde zu spielen, habe ich gehört, daß sie - wie geschickt sie auch spielen mögen - nicht so reine Töne spielen werden wie mit den besagten Bünden. Andere benutzen [zwar] sechs oder sieben Bünde,  [plazieren diese] aber nicht gut. Die Bünde auf dem Instrument müssen genauso plaziert werden wie auf der Vihuela. Ich möchte sagen, daß von einem Bund zum nächsten ein Halbton sein muß, denn auf einigen Bandurrias habe ich sie so schlecht plaziert gefunden, daß sie fast einen Ganzton bilden, jedenfalls mehr als einen Halbton. Ich habe eine Bandurria, die von einem Vihuelabauer mit Bünden versehen wurde, gesehen, die mit vier Bünden eine Quart gebildet hat. Weil das Instrument so kurze Saiten hat, findet man es kaum korrekt mit Bünden versehen. Man kann so viele Bünde setzen wie auf den Hals passen, jeweils im Abstand eines Halbtons. Wenn zehn Bünde passen, sollte man auch soviele setzen, denn es ist eine gute durchschnittliche Anzahl. Wenn man zehn Bünde und drei Saiten mit je einer Quint Abstand hat, kann man in Oktaven oder im Unisono stimmen. In Oktaven greift man die [jeweils] höhere Saite im fünften Bund, im Unisono die tiefere Saite im siebten Bund. Die zweite Saite auf diesem Instrument ist eine Quint höher als die dritte. Um die Oktave zu erreichen, fehlt noch eine Quart. Im fünften Bund gegriffen, erhöht sie sich demnach um eine Quart und bildet mit der besagten dritten eine Oktave. Die erste Saite ist von der zweiten eine Quint entfernt, am fünften Bund gegriffen erhöht sie sich um eine Quart und bildet so mit der zweiten eine Oktave.
Auf diese Weise kann man im Unisono stimmen: die dritte Saite, im siebten Bund gegriffen, klingt mit der zweiten im Unisono; die zweite Saite, im gleichen siebten [Bund] gegriffen bildet ein Unisono mit der ersten. Die drei Saiten, die in dieser Stimmung leer einen Umfang von neun Tönen haben, können auch in [den Umfang einer] eine Oktave gebracht werden. Indem man die erste einen Ganzton erniedrigt, bildet sie mit der zweiten eine Quart und mit der dritten eine Oktave. Um sie in diese Stimmung zu setzen, greife man die zweite Saite im fünften Bund, dies ergibt eine Oktave mit der dritten und ein Unisono mit der ersten Saite. Dies wäre eine sehr einfache und gute Stimmung.
Andere Spieler stimmen die Bandurria auf eine andere Weise. Dies ist eine sehr alte Stimmung und die heute gebräuchliche. Sie stimmen die drei Saiten innerhalb einer Oktave, aber nicht wie gerade erläutert. Zwischen der dritten und zweiten Saite liegt eine Quart und zwischen der zweiten und ersten eine Quint. Die leeren Saiten haben so den Umfang einer Oktave, aber die Quart liegt zwischen Baß und Tenor, welches heutige Komponisten nicht ohne sorgfältige Erwägung wagen würden. Es ist eine alte Stimmung, weil die Quart als Basis und Fundament der Quint gesetzt wird. Bei den Alten wurde der Quart große Überlegenheit zugesprochen, weil sie als perfekte Konsonanz galt. Wegen dieser Perfektheit, die sie bei den Alten hatte, konnte sie problemlos gebraucht werden, wenn sie mit der Quint zusammentraf.
Zur Feinstimmung der [so gestimmten] Bandurria greift man die dritte Saite im fünften Bund und die zweite im siebten. Auf diese Weise ergibt die dritte mit der zweiten Saite und die zweite mit der ersten ein Unisono. Wir können diese Stimmung als Reverenz vor den Alten benutzen, aber die beiden vorher erwähnten sind besser. Wenn einige Spieler weitere Stimmungen auf diesem Instrument benutzen, weiß ich davon nichts und deshalb beschreibe ich sie nicht. Man kann sie benutzen, und es ist gut so, weil es viele mögliche Stimmungen gibt, von denen ich [nur] einige bespreche.

Über einige neue Bandurrias
Kapitel LXIX
Wenn man die drei Saiten, die das Instrument hat, mit dem Abstand einer Quarte stimmt - in Nachbildung der Vihuela - wäre dies eine gute Stimmung, die seinen Vorfahren nachahmt, welcher [eben] die Vihuela ist. Die leeren Saiten umspannen in dieser Stimmung eine Septime. In diesem Fall geht man in folgender Weise vor: die [jeweils] tiefere Saite, am fünften Bund niedergedrückt, ergibt ein Unisono mit der nächsthöheren Saite. Die dritte Saite ist tiefer als die zweite, und die zweite ist tiefer als die erste. Die höhere Saite, am siebten Bund niedergedrückt, ergibt eine Oktave mit der nächsttieferen. Diese Stimmung ergibt die Hälfte einer Vihuela. Der Spieler - wenn er will - kann zwei Bandurrias einrichten, jede mit drei Saiten in dieser Stimmung, die eine vollständige Vihuela ergeben, indem verschiedene [verschieden dicke] Saiten benutzt werden. Wenn man auf eine Bandurria Saiten aufzöge, die der sechsten, fünften und vierten Saite der Vihuela entsprächen, und auf eine andere Bandurria andere, dünnere drei Saiten, die der dritten, zweiten und ersten Saite der Vihuela gleichkämen, entstünde eine vollständige Vihuela, unter der Bedingung, daß zwischen der ersten Saite der ersten Bandurria und der dritten der zweiten [Bandurria] eine große Terz entsteht, wie auch die Vihuela zwischen der vierten und der dritten Saite eine große Terz hat.
Wenn man entsprechende Saiten auf die beiden Bandurrias aufgezogen hat, stimme man zuerst diejenige mit den dickeren Saiten - wie ich schon sagte - in Quarten, indem man die [jeweils] tiefere Saite am fünften Bund niederdrückt. An die gleiche Vorschrift hält man sich bei der zweiten Bandurria, außer, daß man, um sie auf den gleichen Ton [wie die andere Bandurria] zu stimmen, den vierten Bund der ersten niederdrückt, um die dritte Saite zu stimmen.
Auf den beiden nach der obigen Anweisung gestimmten Bandurrias kann man ein vierstimmiges Stück spielen. Man intabuliert zwei Stimmen für eine Bandurria und die beiden anderen für die zweite. Die beiden Spieler sollten nebeneinander mit beiden Bandurrias spielen und auf das Tempo achten., damit die Musik gut klingt. Diese soll so aufgeteilt werden, daß der Baß und der Tenor zusammen(recogidos) sind, und der Alt mit dem Diskant. Musik, die auf diesen beiden Bandurrias gespielt werden soll, kann einen Ambitus von fünfzehn bis neunzehn Tönen haben, aber der Baß und der Tenor haben zehn Töne, oder elf wenn notwendig. Alt und Diskant reduzieren sich auf zehn Töne, oder nur neun, wenn es eine große None ist. Wenn eine dieser beiden Stimmen einen Ton tiefer geht, kann man diesen auf der zweiten [höheren] Bandurria nicht spielen. Meiner Meinung kann nach jede Musik, wie immer sie auch geschrieben sei, auf zwei Bandurrias übertragen werden, aber nur von erfahrenen Musikern. Wenn der Tenor den erwähnten Tonumfang [nach oben] überschreitet, wird der Musiker wissen, wie er ihn auf der zweiten Bandurria intabuliert, und wenn der Alt zu tief wird, wird er ihn auf die erste Bandurria übertragen. Auf diese Weise wird die eine Bandurria auf einigen Schlägen drei Stimmen haben und die andere nur eine. Auf anderen Schlägen wird es anders herum sein. Musik [so] aufgeteilt zu spielen ist für Anfänger.
Man kann auf die Bandurria vier Saiten oder mehr aufziehen, wenn der Hals breit genug ist. Das gleiche gilt für die Bünde. Von den indias [westindischen Inseln?] hat man schon Bandurrias mit fünf Saiten gebracht und in Andalusien hat man Instrumente mit fünfzehn Bünden gesehen. Man intabuliert für dieses Instrument, indem man die Melodie mit den Buchstaben bezeichnet, wie es in der [im Kapitel über die] Tabulatur der Vihuela gesagt wurde. Man kann auf diese Weise nicht nur für die Bandurria mit drei Saiten und der gebräuchlichen Stimmung intabulieren, sondern auch für vier oder fünf Saiten und für neue und verschiedenartige Stimmungen. Was ich über das Spiel mit zwei Bandurrias und das Intabulieren dafür sagte, versteht sich auch für jegliche [anderen] Instrumente. Man kann eine Vihuela, einen Diskant, und eine Gitarre einstimmen, oder einen Diskant, eine Gitarre und eine Bandurria und schließlich Instrumente verschiedener Arten in eine Tonart einstimmen, welche die Saiten vertragen und für jene intabulieren und so sechs- oder achtstimmige Musik auf drei Instrumenten spielen. Das Zusammenspiel von Vihuelas, wie es manche tun, fällt außerhalb der Kunst der Musik. Das läuft dann auf ein Spiel auf gut Glück heraus. Wenn aber drei kunstreiche Musiker mit drei Vihuelas konzertieren, oder mit anderen drei Instrumenten in guter Stimmung, werden sie korrekt spielen. Wenn sie den Diskant eine Quart höher als die Vihuela stimmen, so daß die sechste Saite des Diskants gleich der fünften der Vihuela ist, oder auf viele andere Weisen, und die Gitarre eine Oktave [höher] als die Vihuela, so daß die fünfte Saite der Gitarre gleich dem zweiten Bund der vierten Saite der Vihuela klingt und basierend auf dieser Stimmung die besagten Instrumente bezeichneten und dann einige sechsstimmige Werke der beiden letzten Messen aus dem ersten Buch des hochgelehrten Christoval de Morales spielen, oder einige sechs- oder siebenstimmige Motetten vieler guter [Komponisten] (wie es der exzellente Musiker Anriquez tat), wäre das Musik, die man genießen kann. Wahre Musiker, oder jene, die ein gutes Verständnis der Prinzipien der Musik haben und nicht nachlässig im Studium sind, werden mit diesen wenigen Worten verstehen, was diese musica de concierto vom der unterscheidet, die manche nur nach dem Ohr spielen.

 

• 1585: F-Pn fr. 9152, Eintrag Fol. 160r: „Ensuivent plusieurs instruments musicaulx avec leur tablatureau reigles audessoubs 1585“

Dieses Manuskript wurde von Jacques Cellier zwischen 1583 und 1587 geschrieben und gezeichnet mit dem Ziel, dieses König Henry III zu schenken. Es enthält unter anderen Themen auch Zeichnungen, Musikbeispiele und Informationen zu verschiedenen Musikinstrumenten. Aus diesem 1585 entstandenen Teil der Handschrift ist für die Mandore Fol. 166r wesentlich: Hier findet sich eine Abbildung einer Mandore mit vier Saiten und Wirbeln in der schlanken Form mit halbrundem Wirbelkasten, wie wir sie auch bei Chancy finden; daneben steht die interpretationsbedürftige Stimmungsangabe in vierliniger Tabulatur und darunterstehendem Text:
4. Chor leer zu 3. Chor leer: „Par quinte“
3. Chor leer zu 2. Chor leer: „Par quarte“
2. Chor leer / 1. Chor leer zu 3. Chor leer: „Par octave“
2. Chor leer zu 4. Chor leer: „Par unisson“
Daraus ergibt sich die Frage, ob der 4. Chor nun hoch gestimmt war (2. zu 4. Chor: „Par unisson“) oder tief (4. zu 3. Chor: „Par quinte“). Dieser Widerspruch könnte auch zur Frage führen, ob allenfalls auf der Abbildung ein Wirbel und die Oktavsaite für den 4. Chor nicht abgebildet ist. Die Stimmung gehört jedenfalls zu Kategorie „hfh“ [5]
Auf Fol. 189r ist eine 8-chörige Laute (mit Besaitung 8x2) abgebildet. Die darunter stehende Tabulatur weist 7 Linien auf, wobei bei angenommener „normaler“ Lautenstimmung der erste Chor zwischen der höchsten und zweithöchsten Linie notiert wurde (!) und der 7. Chor, der eine Quarte unter dem 6. steht, unter der 7. Linie. Somit ist Vorsicht bei der Interpretation dieser Quelle angesagt!

• 1585: Giordano Bruno, De gli eroici furori, London 1585:
In Giordano Brunos Buch De gli eroici furori, London (J.Charlewood) 1585, sind im fünften Dialog gegen Ende neun Gedichte enthalten, welche zu einem bestimmten Instrument zu singen sind. Das zweite Gedicht ist überschrieben mit: Il secondo con la mandòra sua sonò e cantò. Die anderen Instrumente sind: 1 citara, 3 lira, 4 viola, 5 timpano d’Ispagna, 6 laúto, 7 arpa d’Iberna, 8 viola ad arco, 9 rebecchina.

• 1611 Randle Cotgrave, A Dictionarie of the French and English Tongues, London 1611:
"Mandore: f. A Kitt, small Gitterne, or instrument resembling a small Gitterne."
"Guiterne; or Guiterre: f. A Gitterne."
Somit wird eine Gleichsetzung gemacht zwischen franz. "Guiterne", "Guiterre" und "Mandore" und engl. "Gitterne", wobei das "resembling a small Gitterne" auf ein Differenzierung hindeuten könnte.

• 1619 Michael Praetorius, Theatrum Instrumentorum, Wolfenbüttel 1620, (Sechster Teil des zweiten Bandes des Syntagma musicum: De Organographia, Wolfenbüttel, Elias Holwein, 1619), Tafel XVI  mit Mandoergen und Quinterna

Instrumente 22

Der Wirbelkasten ist halbrund ausgebildet wie bei Chancy. 
Von Praetorius stammen die frühesten erhaltenen Angaben zur Tonlage der Mandore. In seinem zweiten Teil des Syntagma musicum: De Organographia, Wolfenbüttel,  Elias Holwein, 1619 in der Tabella Universalis Aller blasenen und besaitteten Instrumenten gibt er auf S. 28 folgende drei Stimmungen für das Mandürichen an: 
g'' c'' g' c' = hfh 
c'' g' c' g = fhfh 
c'' f' c' f c = hfhf. 
Im hinteren Teil des Buches auf S. 53 findet sich noch eine weitere mit 
d'' g' d' g = hfh. 
Dass der höchste Chor, von dessen Tonhöhe ja die Mensurierung eines Zupfinstrumentes abhängt, mit g‘‘, d‘‘ und c‘‘ angegeben wird, macht stutzig. Die Chanterelle einer Oktavlaute mit einer Mensur um 30 cm ist normalerweise in g‘‘ gestimmt, während die Diskantlaute mit einer Mensur um 44 cm in c‘‘ gestimmt war. Gab es Mandore in mehreren Grössen?
Der Abschnitt von S. 53 soll hier als Ganzes wiedergegeben sein:

Instrumente 23

Michael Praetorius, zweiten Teil des Syntagma musicum: De Organographia, Wolfenbüttel 1619, S. 53

• 1629: François de Chancy, Tabulature de Mandore, Paris, Pierre Ballard, 1629 

Instrumente 24

Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus: Bibliothèque Nationale de France, département de la Musique, Rés Vm7 581

Die Späne werden – wie in Abbildungen von mittelalterlichen Lauten meist zu sehen – fliessend in den Instrumentenhals überführt. Somit weist de Chancys Abbildung viel Ähnlichkeit mit Virdungs und Agricolas Quinternen auf.
Chancy verwendet der Reihe nach folgende Stimmungen:
ffh
efh
ffh
hfh
ffh
Wie bei der Laute und der Lyra viol wird hier ständiges Umstimmen verlangt. Die Stimmung legt nahe, dass nur die Chanterelle angepasst wurde.

• 1636: Marin Mersenne, Harmonie universelle, Paris, Ballard, 1636
Mersene zeigt eine konstruktiv scheinbar weiter entwickelte Mandore mit 4 Chören und vier Wirbeln (also 4x1), die der Laute nun sehr ähnlich sieht. Der Wirbelkasten ist als klassischer Lauten-Knickhals ausgebildet. Die Späne enden am Hals wie bei einer Laute. 

Instrumente 25

Erklärungen der Stimmung und Tabulatur der Mandore sowie einer Passage aus dem zweiten «Branle de Bocan» aus François de Chancy, Tablature de mandore. Aus: Marin Mersenne, Harmonie Universelle (Paris, 1636)
Die Stimmungsangabe zeigt deutlich, dass die Chanterelle variabel ist, währenddem die Chöre 2-4 stabil bleiben: Wie bei Chancy werden die Stimmungen hfh / ffh / efh verwendet, hier nominell als:
g‘‘ c‘‘ g‘ c‘ = hfh
f‘‘ c‘‘ g‘ c‘ = ffh
e‘‘ c‘‘ g‘ c‘ = efh
Also handelt es sich um ein Instrument mit einer Mensur von ca. 33 cm.

Der Paulanermönch, Mathematiker und Musiktheoretiker Marin Mersenne (1588-1648) gibt in der Harmonie Universelle (1636) einige weiterführende Informationen als de Chancy. Ohne Zweifel kannte Mersenne de Chancys Tabulatur, zumal deren einziges erhaltenes Exemplar aus der Bibliothek der Pariser Paulanermönche stammt. Vielleicht erhielt Mersenne mündliche Information vom Komponisten selbst. Im Kapitel über Musik für die Mandore (Liure Second des Instrumens, Proposition XIII, S.93 bis 95) benutzt Mersenne de Chancys Tabulatur, um das Instrument zu erklären. Er zeigt ein Instrument mit neun Bünden und beschreibt die Mandore mit einer Länge von 1.5 Fuss, was beim damaligen Fussmass einer Länge von 49.2 cm über alles entsprechen würde. Er sagt auch, dass die besten Spieler auf der Mandore mit dem Plektrum/Federkiel so schnell spielen könnten, dass man glaube, nur arpeggierte Akkorde zu hören.

• 1640: Pierre Trichet, Traîte des Instruments de Musique (F-P Sainte-Geneviève, ms. 1070)
Aus dem 151 Blatt umfassenden Traktat des 1586 oder 1587 geborenen und wohl 1644 gestorbenen  Humanisten sei hier der Abschnitt über die Mandore vollständig wiedergegeben:
DE LA  MANDORRE (8).
[Fol. 96 :] N'y ayant aucun nom propre en Latin pour exprimer cet instrument moderne que l'on nomme mandorre, elle peut par circonlocution estre nommée Testudo minor, ou Chelys minima tetrachorda, penlachorda, ou hexachorda, selon le nombre des chordes que l'on lui aura donné. Adrian le Roi en l'instruction qu'il fit imprimer pour la mandore l'an 1585 dict que les villageois et bergers du pais de Navarre et de Biscaye s'en sont servis en son origine, et que la construction d'icelle estoit fort grossiere, n'estant lors garnie d'aucunes touches: mais que despuis l'on a jugé qu'il estoit expédient d'y en appliquer neuf, et de diviser le nombre en autant de parties, afin de rendre le jeu de la mandorre plus facile aux apprentis, et plus apte d'estre rédigé en tablature. Elle n'avoit aussi lors que quatre chordes simples: comme encore à présent il y a beaucoup de personnes qui n'en veulent point souffrir davantage; mais quelques autres y font mettre cinq ou six rangs et encore davantage pour lui donner plus d'estendue, et font doubler les rangs, et nommément le premier est la plus grosse chorde, qu'ils accompagnent d'une plus desliée montée a son octave. La mandorre estant equipée de cette sorte est dicte luthée: parce qu'il semble que ce soit un abrégé du luth, ou pour mieux dire un luth racourci [6] : aussi n'en est elle point différente, ni quant a la matiere, ni quant a la forme; mais seulement en esgard au nombre des chordes et a la grandeur, l'on lui baille ordinairement un pied et demi de long, et son ventre est composé de mesme que cellui du luth de quelques eclisses d'érable ou d'autre bois propre de rendre la mandorre résonante – Iaquelle pour cet effect l'on monte de chordes de boyaux de différente grosseur, y ayant de l'une a l'autre une certaine distance de sons, seavoir est de la grosse chorde au prochain rang une quarte, du rang du milieu au suivant une quarte, et de celui là a la chanterelle une quinte. Lon nomme cette maniere d'accorder accord de quinte en quarte, parce que la suite des chordes exprime ces accords, lorsqu'elles sont pinsées a vuide, c'est a dire a louvert, comme quelques uns parlent. Que si l'on abbaisse la chanterelle d'un ton entier pour faire une quarte avec la troisieme chorde, l'on nomme cet accord jeu de chorde avallée. L'on enseigne aux novices la maniere d'accorder la mandorre par octaves en touchant les chordes a vuide, car lorsque l'on marque un (a) sur les réglets de la tablature cella signifie qu'il faut pinser la chorde a l'ouvert, comme il appert par l'exemple suivant: 

Instrumente 26

Voila les plus communes méthodes d'accorder la mandorre: par le moyen desquelles l'on pourra en pratiquant comprendre les autres sans grande difficulté. Aucuns se servent d'un bout de plume qu'ils tiennent entre le pouce et le doigt prochain pour mieux pinser les chordes, de mesme que l'on faict en jouant du cistre: ou bien ils se font lier un bout de plume a un autre doigt. Quelques uns ne se servent que du seul indice pour toucher les chordes, et quelques autres employent tous les doigts de la main droite, sauf le plus petit, Iaquelle façon de joüer est du tout semblable à celle du luth: mais la facilité est bien ici plus grande, à cause que les chordes ny sont pas en si grand nombre, et que l'on n'y peut pas faire tant d'accords que sur le luth. Ce qui faict priser la mandorre n'est pas seulement la commodité qu'a son jeu d'estre mis en pratique: mais c'est aussi la douceur et la vivacité de son harmonie, outre l'aisance qu'il y a de la pouvoir porter partout ou lon veut sans beaucoup de danger. C'est pourquoi il ne faut pas trouver estrange si tant de personnes prennent plaisir, les uns d'en sonner, les autres de l'escouter, et s'ils en font plus d'estime que d'aucun autre instrument, puis mesme qu'estant admise parmi les concerts des luths, elle scait si bien se produire qu'elle semble les estouffer et oster tout le lustre de leurs sons plus aigus par l'énergie des siens.
(5ch, Stimmung = hfhf)

• 1650: Athanasius Kircher, Musurgia universalis sive ars magna consoni et dissoni in X. libros digesta, Band 1 & 2 Rom (Corbellettos Erben) 1650
Der folgende Beitrag stammt von Dr. Joachim Lüdtke und erfasst alle Stellen in Kirchers Werk, die sich mit der Mandore befassen – und eine sehr interessante Passage über die Theorbe.

A.)

Übersetzung des Kapitel II des Buches VI (Von der Instrumentalmusik) (Erster Band, S. 476):
„Kapitel II. Von den Lauten, Mandoren und Zithern
Kommen wir nun zur Beschreibung derjenigen Musikinstrumente, welche anstelle einer Klaviatur einen Hals mit Griffbrett haben. Hals nennen wir den Griff oder Stiel für die vielen Saiten jedes Musikinstrumentes, das wie die Lauten, Mandoren, Zithern, Gamben und zahllose andere jenes Schlages beschaffen ist. Wenn es dem Musiker-Philosophen auch kaum geziemt, sich ihnen – die schon wegen des Gebrauchs, der von ihnen gemacht wird, geringzuschätzen sind und dazu noch kaum etwas von Kunstfertigkeit haben – zuzuwenden, fügen wir hier doch einiges über ihre Herkunft und Beschaffenheit bei, weil wir es übernommen haben, von der Instrumentalmusik zu berichten und weil es unserem Vorhaben angemessen ist:– auf dass wir nicht irgendetwas in dieser unserer Musurgia übergangen sehen mögen. Es ist also zu wissen, dass die Laute, die Mandore und die Zither sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden, sondern nur in der Anzahl der Saiten und der Art und Weise, wie sie gestimmt werden; dass Lauten und Theorben meist geräumige Bäuche, Zithern und Mandoren flache Bäuche und Rücken haben; dass Lauten und Theorben meist mit zehn, oder zwölf, oder sogar vierzehn Reihen von Saiten ausgerüstet sind; Zithern, Mandoren und Gleichartige haben höchstens fünf oder sechs, von denen die ersten verdoppelt sind, die letzte – die allgemein Chanterelle genannt wird – einfach ist. Wie die Laute mit einer größeren Ausstattung von Saiten versehen ist, so liefert sie auch eine reichere Fülle von Zusammenklängen. Sie hat ihre Bezeichnung Testudo (Schildkröte) von der Gestalt des Tieres, dessen Panzer in der Art eines Gewölbes gerundet ist – jenes ahmt sie in großer Ähnlichkeit nach. Die Theorbe unterscheidet sich von der Laute, weil bei ihr ein zweifacher Hals, bei jener ein einfacher vorhanden ist (wir nennen nämlich jenes Teil Hals, in welchem die Wirbel die Saiten festhalten). Sie ist eine Erfindung aus neuerer Zeit, denn bei den Alten wird dieser Instrumente keine Erwähnung getan. Die Theorbe hat ihren Namen von einem gewissen neapolitanischen Marktschreier bekommen, welcher als erster den Hals der Laute verlängert und verdoppelt hat. Er hat verschiedene Saiten hinzugefügt, deren erste lediglich für den Bariton dienlich ist, und pflegte dieses Instrument scherzhafterweise Theorbe zu nennen. Theorbe wird nämlich dasjenige Werkzeug genannt, mit welchem die Handschuhmacher Duftharze zu mahlen pflegen, und das ist ein gewisser Mörser, jenen kleinen Mühlen ganz ähnlich, mit denen man Mandelkerne, Senf und andere Körner in darüber gegossener geeigneter Flüssigkeit zu Milch zu lösen pflegt. Dieses Instrument hat darauf als erster Hieronymus Kapsberger, ein adeliger Deutscher, zu Ansehen gebracht und zu einer solchen Perfektion geführt, dass heute dafür gehalten wird, es habe den anderen Instrumenten durch seine Verdienste den Siegespreis entrissen, weil kein Instrument eine größere harmonische Mannigfaltigkeit hat, es sogar als einziges dazu tauglich ist, diatonisch-chromatisch-enharmonische Musik darauf zu spielen.“

Kommentar zur Übersetzung:
Bei der Eindeutschung ist versucht worden, eine verständliche Sprache zu finden, ohne sich allzuweit von Formulierungen des Autoren zu entfernen. Einige Anmerkungen bleiben jedoch mitzuteilen:
Kircher versammelt unter dem Begriff „cythara“, welcher hier mit „Zither“ übersetzt ist, nicht nur die Halszithern (also chörig mit Metallsaiten bezogene Kastenhalslauten), sondern auch die Gitarre.
Die Verba „gaudeo“ (inf: sich freuen) und „fruor“ (inf.: etwas genießen; sich an etwas erfreuen) sind beide als „haben“ übersetzt worden, was für das Letztere eine gängige Nebenbedeutung darstellt.
Sowohl „canon“ wie auch „collum“ sind als „Hals“ übersetzt worden, denn aus dem Zusammenhang des Textes erhellt, dass Kircher mit „collum“ nicht den Wirbelkasten alleine meint.
Die Verwendung von „Duftharze“ für „odorifera“ ist eine Hilfskonstruktion, da ich mir nicht darüber klar bin, was für duftgebende Stoffe die Handschuhmacher des siebzehnten Jahrhunderts zur Parfümierung ihrer Produkte verwandt haben, ich den anders belegten Begriff „Duftstoffe“ aber vermeiden wollte. Unter Duftharzen versteht man heute vor allem Myrrhe, Weihrauch und ähnliche Ingredienzen von Räucherwerk, zu denen aber auch verschiedene Hölzer und Gewürze zählen.

Zum Textinhalt:
Die Instrumentenbezeichnungen Pandora und Mandora sind bei Kircher und seinem Übersetzer Hirsch – dessen verkürzte Eindeutschung weiter unten zu finden ist – als Synonyme zu verstehen, was eine Parallele im Sprachgebrauch von Michael Praetorius (De Organographia, Wolffenbüttel 1619, S. 53) findet, der das Instrument „Pandurina“ und „Mandürichen“ nennt und dazu erklärt, dass es auch „Bandürichen“, „Mandoër“ und „Mandurinichen“ genannt werde. Kircher verwendet außerhalb der hier übersetzten Passagen nur den Namen Pandora, so im 1. Band, S. 415, im Vorwort zum Liber VI bei der Benennung von Saiteninstrumenten, „ut sunt Testudines, Psalteria, Lyrae, Sambucae, Pandorae, Barbita, Nablia, Pectides, Clauicymbala ...“, und auf S. 452 in der Aufzählung von „Cytharae, Pandorae, Testudines, Thiorbae, Lyrae, Chelesq‹ue› quas Violas vocant omnis generis“ sowie S. 453 in der Gruppierung von „Testudines, Thiorbae, Pandorae“. Gleichermaßen schreibt Hirsch im zweiten Kapitel (de Instrumentis polychordis) seines dritten Buches (Liber III. Organicus), welches Kirchers sechstem Buch entspricht, von „Cytharn / Pandoren / Lauten / Theorben / Leyren / Geigen“.
Kirchers Verweis darauf, dass es dem Musikwissenschaftler (Musicus Philosophus) nicht gezieme, sich mit den Lauten, Zistern und Gitarren zu beschäftigen, kann als konventioneller Verweis des gelehrten Klerikers auf den Nachrang der Instrumentalmusik gegenüber der geistlichen Vokalmusik und/oder im weiteren Sinne den Vorrang der Musica mundana/caelestis usw. verstanden werden, wenn dies auch nicht erklärt, warum er diesen Verweis gerade in dieses Kapitel stellt – es sei denn er habe damit seiner Schilderung vom Herkommen der Theorbe aus niederem sozialen Milieu das Odium des Unpassenden nehmen wollen.
Die anekdotische wirkende Erzählung von der Erfindung der Theorbe durch einen „circumforaneus“ bleibt unbelegt, die Etymologie von „Theorbe“ ungeklärt. Das Wort „circumforaneus“ bedeutet zunächst: auf Märkten herumziehend oder: auf dem Markte befindlich. Unter den verschiedenen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Marktschreier statt etwa Quacksalber und Herumtreiber zu wählen, liegt nahe, weil die umherziehenden Quacksalber mit musikalisch begleiteten szenischen Aufführungen Publikum anzuziehen pflegten, die Musiker also quasi als die Marktschreier der Quacksalber fungierten. Der Erfinder der Theorbe in ihrer Urgestalt wäre nach dieser Geschichte also nicht im Umfeld der Accademia Fiorentina zu suchen, sondern bei einem Musiker, der für einen Quacksalber tätig war, und er hätte ihre Form auch ohne den Umweg über eine umgestimmte Basslaute gefunden. Die Verlagerung aus der Sphäre der Oberschichten in diejenige des fahrenden Volkes wird dann leichter nachvollziehbar, wenn an eine Verwechslung mit dem Colascione gedacht wird. Dessen Form ist nicht anders als die der Theorbe zunächst allerdings nur schwer mit einem Mörser in Verbindung zu bringen, aber das Bild eines großen Standmörsers mit langem, nur beidhändig handhabbaren Stößel kann zumindest durch die Proportionen zwischen Hohlkörper und Stößel Assoziationen zu den genannten Musikinstrumenten hervorrufen. Die Verbindung zwischen dem Instrumentennamen „Tiorba“ und der Umgebung umherziehender Unterschichtler wird wohl durch die frühere Verwendung des Namens für die Drehleier motiviert, die durch verschiedene Quellen noch aus dem späten sechzehnten Jahrhundert belegt ist. Auch in La Zanitonella, einer makkaronischen Dichtung des Teofilo Folengo (1491–1544), ist mit Theorbe wohl die Drehleier gemeint, wenn „tiorbas“ und „pivas, cifolos [...] sampognas, pifaros, rubebas“ aufgezählt werden. 

Instrumente 27

B.)

Originaltexte:
[Aufgelöste Abbreviaturen sind durch spitze Klammern gekennzeichnet: „post‹que›“.
Marginalien, die in den Text integriert sind, sind durch geschweifte Klammern gekennzeichnet: „{Die Lauten ein schwierigs Instrument zu meistern}“.
Der doppelte Bindestrich wird durch einfachen Bindestrich wiedergegeben.
Umlaute, die durch Superposition des E über den entsprechenden Vokal ausgedrückt sind, wurden durch die heute üblichen Schreibweisen (ä, ö, ü) ersetzt.
Groß- und Kleinschreibung der Texte sind getreu wiedergegeben; die Majuskeln des Titels der Originalausgabe von 1650 sind – mit Ausnahme des Beginns – konsequent in Kleinschreibung umgesetzt worden.]

„Artis Magnae Consoni, ‹et› Dissoni Lib. VI. De Musica Instrumentali.
Caput II. De Testudinibus, Mandoris, ‹et› Cytharis.
Accedimus ad ea organa harmonica describenda, quae loco Abaci Canone gaudent polychordo; canonem vocamus polychordorum ansam, siue manubriu‹m› cuiuslibet instrumenti musici, cuiusmodi sunt Testudines, Mandorae, Cytharae, Cheles, aliaq‹uae› huius farinae innumera. Et quamuis vix Musicum Philosophum deceat ad ea, quae ‹et› vsu iam viluerunt, ‹et› Artificium etiam infimae sortis propria sunt, se dimittere; quia tamen organicam musicam nos tradituros recepimus, quaedam ‹et› non nisi nostri instituti propria de eorum conditione, ‹et› proprietate hic inseremus; Ne quicqua‹m› in hac Musurgia nostra omisisse videamur. Sciendum igitur est, Testudinem, Mandoram, Cytharam essentialiter non discrepare, sed multitudine tantùm chordarum, ‹et› earundem concordandarum methodo; Testudines, ‹et› Theorbae, vt plurimum ventribus gaudent amplis; Cytharae, Mandorae, ventribus, ‹et› planis fruuntur dorsis; Testudines, ‹et› Theorbae, vt plurimùm 10, siue 12, aut 14 chordarum ordinibus sunt instructae; Cytharae, Mandorae, similiaque ad summum 5, aut 6, quarum priores duplicatae, vltima simplex est, quam ‹et› vulgò cantarellam vocant. Testudo vti maiori chordarum suppellectile instructa est, ita maiorem quoque consonantiarum copiam coeteris suppeditat, ita dicta à figura animalis, quod vmbone in fornicis modum curuato, illud proximè aemuletur. Thiorba à Testudine differt, quod illa duplici colla (vocamus autem collum, illam partem, intra quam verticilla chordas agglomerant) haec vnico constet. Inuentum Neotericum est, cùm apud Antiquos nulla fiat horu‹m› instrumentorum mentio, Tiorba nomen suum inuenit à Circumforaneo quoda‹m› Neapolitano, qui primus testudinis collum productius duplicauit; chordas diuersas addidit, cùm primò non nisi barytono seruiret, atque hoc instrumentum ioco quodam vocare solebat Tiorbam; vocant autem Tiorbam id instrumentum, quo Chirothecarij odorifera molere solent, estq‹ue› mortarium quoddam prorsus simile molulis illis, quibus amygdala, synapi, aliaq‹uae› grana in superaffuso liquore conuenienti in lac dissoluere solent. Hoc instrumentum primus deinde excoluit clarissimus musicus Hieronymus Capsperger Nobilis Germanus, ‹et› ad eam perfectionem perduxit, vt hoc tempore meritò reliquis instrumentis palmam praeripuisse videatur; cùm nullum instrumentu‹m› maiorem varietatem harmonicam habeat, imò solùm aptu‹m› sit ad diatonico-chromatico-enharmonicam methodum exhibendam.“
[Es folgen Ausführungen zu Saiten und Stimmungssystemen].

Primärreferenz: Exemplar der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, HOO/2o Misc. 183. Diesem Exemplar fehlen die Tafeln.
Sekundärreferenzen: Faksimile der Originalausgabe, herausgegeben von Ulf Scharlau, 2 Bände Hildesheim-Zürich-New York (Olms) 2006; Online-Ausgabe des Exemplars der Universitätsbibliothek Straßburg: http://num-scd-ulp.u-strasbg.fr:8080/465 und /453.

Andreas Hirsch, Kircherus Jesuita Germanus Germaniae redonatus: sive Artis Magnae de Consono ‹et› Dißono Ars Minor; Das ist / Philosophischer Extract und Auszug / aus deß Welt-berühmten Teutschen Jesuitens Athanasii Kircheri von Fulda Musurgia Universali, in Sechs Buecher verfasset, Schwäbisch Hall (Laidig) 1662
[Die Bild-Tafeln und die Musik-Kompositionen der Originalausgaben fehlen in diesem Buch gänzlich]

S. 107 = 3. Kapitel des 3. Buches = Liber III. Organicus:

„Cap. 3. Von Lauten / Mandoren und Citharn
{Vnderschied zwischen Lauten / Mandoren / Cithern.} Diese instrumenta haben an statt deß abaci oder Claviers einen Canonem von vielen Säiten / das ist die ansa oder Handhabe eines ieden organi harmonici, als da sind Lauten / Mandoren / Citharen / Geigen / ‹etc.› under diesen ist aber wesentlich kein Underscheid / sondern nur in der Menge der Säiten / in der Weis zu stimmen; testudines theorbae haben gar gemeiniglich weite Bäuch / die Citharn / Mandoren aber einen geringern und ebenern Bauch und Rucken; jene haben gemeiniglich 10. 12. 14. diese auf das höchste 5. oder 6. Säiten / deren die erste doppelt sind / die letzte aber einfach / wird cantarella genennt.
{Lauten woher sie den Namen.} Die Laute hat (im Latein.) den Namen von der Figur deß Thiers / welches seinen umbonem wie einen Schwibbogen krüm‹m›et / und dergleichen Instrument aemuliert. Theorba ist von der Lauten underschiden / weil jene 2. Häls / diese nur einen hat. {Thiorba hat den Namen vom autore.} Thiorba [!] hat den Namen von einem circumforaneo Neapolitano, welcher der erste gewesen / der den Hals der Lauten erlängert / und hernach dupliret hat; schertzweis aber hat er solch Instrument pflegen eine tiorbam zu nennen / das ist / ein mörsner-art / darinnen man wie in einer kleinen Mühlen / Mandeln / Senf und andere Körner zerstossen / und mit zugegossenem liquore in Milch zu dissolviren pflegt / {Perfection dises Instruments.} Hier. Capsperger ein Teutscher Edelman / ein vortrefflicher Musicus / hat nachgehends diß Instrument also excolirt / und zu solcher Perfection gebracht / daß es heutigs Tags alle andere instrumenta weit übertrift.“

Auf S. 108 beschreibt Hirsch die Stimmung einer 11chörigen Laute im Vieil ton: „hat die Laute 11. Säiten oder Chör / 10. doppelt / eine einfach / soll sie also gestimmet werden / cdefgadghea allezeit übersich steigend“.

Primärreferenz: Exemplar der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, H00 / PHS-V 57.
Sekundärreferenz: Faksimile der Originalausgabe, herausgegeben von Melanie Wald mit dem missverständlichen Titel Athanasius Kircher, Musurgia universalis. Reprint der deutschen Teilübersetzung von Andreas Hirsch, Schwäbisch Hall 1662, Kassel usw. (Bärenreiter) 2006.

Verfasser = evangelischer Pfarrer „zu Bächlingen in der Grafschaft Hohenloh.“ Thematisiert die Frage der eventuellen konfessionellen Dissonanzen selber in der „Vorrede anden günstigen Leser“ und meint: „ R. Omnia probata, quod bonum est, tenete.“

• ca. 1650?: Lubin Baugin, Gemälde Die fünf Sinne, Paris, Musée du Louvre 
Ein Glücksfall innerhalb der ikonografischen Zeugnisse zur Mandore ist ein Lubin Baugin (ca. 1610-1663) zugeschriebenes Gemälde, das zum Qualitätsvollsten in der französischen Barockmalerei überhaupt gehört. Das Stilleben mit Schachbrett Die fünf Sinne von 55 x 73 cm Grösse hängt heute im Musée National du Louvre in Paris. Ein aufschlussreicher Aufsatz darüber stammt von von Manfred Wastel (leider 2019 im Netz nicht mehr auffindbar). 
Auf das Gehör spielt das lautenartige Instrument an, das aufgrund der Grösse, der Anzahl Wirbel und der auffälligen Anordnung der Bundknöpfe in der Mitte des Halses auf eine Mandore in unserem Sinn schliessen lässt. Die Mandore dürfte – wie später bei Talbot beschrieben (siehe unten) – einzeln besaitet gewesen sein. Nur der später Einzug haltende fünfte (und tiefste) Chor ist doppelt und oktaviert geführt. Für Diskussionen sorgte insbesondere die Anordnung der Bundknoten. Zusammengefasst nur so viel: Aufgrund des kleinen Halses wird sich der Daumen der linken Hand während des Spielens nicht auf der Mitte, sondern eher am oberen Teil des Halses bewegen. Knöpfe wie bei der Laute an der oberen Kante des Halses anzubringen, würde während des Spielens ziemlich Schmerzen bereiten. Diesbezügliche Experimente des Autors führten dazu, dass die Knoten (unter Annahme eines normal grossen Daumens eines normal grossen Lautenisten) spieltechnisch besser am unteren Teil des Halses anzubringen wären, zumal der Hals klein ist. So bleibt der Spielraum des linken Daumens flexibler, denn selbst Knoten in der Mitte des Halses sind nach Dafürhalten des Autors noch zu hoch fixiert. Auch wenn die Menschen vor 400 Jahren nachweislich kleinwüchsiger waren, wäre es denkbar, dass Baugin dieses Detail in seinem symbolträchtigen Gemälde durchaus optimierte… Daher – um nicht dem Purismus zu verfallen – muss sich die Anordnung der Bundknoten letztlich auch hier der individuellen Technik des Mandore-Spielers unterordnen.

• vor 1684: Antoine Furetière: Artikel "Mandore" aus: Dictionaire universel, Contenant generalement tous les mts françois tant vieux que modernes, & les termes de toutes les sciences et des arts, Druckprivileg 1684, Erstdruck 1690 in Den Haag & Rotterdam

Instrumente 28

Deutsche Übersetzung:
"Mandore. Substantiv feminin. Musikinstrument, welches eine Verkleinerung und eine Art Laute ist, von der sie die Form hat. Die Mandore der Alten hatte nur vier Saiten, von denen die Chanterelle zum Spielen der Melodie (le sujet) diente und die man mit dem Zeigefinger spielte, an dem eine Feder angemacht war, welche Plectrum oder pecten genannt wurde. Die drei anderen Saiten bildeten eine Oktave, die mit ihrer Quinte gefüllt war. Diese Saiten wurden eine nach der anderen mit dem Daumen gespielt.
Athenée [Athenaios von Naukratios, Ende des 2. Jh./Anfang 2. Jh., Deipnosophistes, 4. Buch, Kapitel XXIII (176b) und XXV (182e, 183f)] erwähnt eine Mandore, die er als Pandoron bezeichnet. 
Auch heute noch gibt es Mandores, die nur vier Saiten haben. Aber man hat auch schon welche mit sechs Saiten gefertigt und auch mit noch mehr Saiten, um die Vorteile der Laute nachzuahmen; dieses Instrument nennt man Mandore luthée.
[Gilles] Menage [1613-1692, franz. Sprachwissenschaftler, der mit "Les Origines de la langue françoise" von 1650 und "Observations sur la langue françoise" von 1672 grundlegende Werke für die französische Etymologie geschaffen hat] meint, dass der Begriff Mandore durch Verfälschung vom Wort Pandore komme; und dass die Griechen Pandoura oder Paudouris gesagt hätten, was "alles aus Holz" bedeute: Die Spanier nennen es bandurria, die Deutschen Pandor, die Engländer Bandor und die Italiener Pandora. Aber er täuscht sich, zumal die Pandore der Italiener ein Instrument ist, das sich von der Mandore unterscheidet, zumal seine Saiten und seine Bünde aus Messing sind wie diejenigen der Cister."
Antoine Furetière (1619-1688), Satiriker und Lexikograph, verfasste den Artikel wohl vor 1684, zumal er dann sein Werk angekündigt und das Druckprivileg erworben hatte. Aufgrund von Streitigkeiten mit der Académie française, dessen Mitglied er von 1662 bis zu seinem Ausschluss 1685 war, musste der Dictionaire in Den Haag und Rotterdam erscheinen – nach Furetières Tod!

• ca. 1690: James Talbot (Oxford, Christ Church Library, MS Mus. 1187)
Erst James Talbot beschreibt in seinem Manuskript gegen Ende des 17. Jahrhunderts verschiedene Typen der Mandore [7] . Eines davon ist ein 6-chöriges Instrument mit neun Bünden und einer Länge über alles von 61 cm; die Mensur beträgt 43,2 cm. Die ersten drei Chöre sind Einzelsaiten, der 4. Chor wird unisono gestimmt, der 5. und 6. Chor sind oktaviert. Talbot gibt grösstenteils die bereits bekannten Informationen von Praetorius, Mersenne und Kircher wieder und beschreibt, dass das Instrument in Quinten und Quarten gestimmt ist. Eine Stimmhöhe gibt indes auch Talbot nicht preis. Interessant ist besonders seine Bemerkung, dass die Saiten «sometimes wire» sind. Dies ist – soweit dem Autor bekannt – die erste und wohl auch einzige Erwähnung von Metallsaiten für dieses Instrument. Bezüglich Besaitung eines Instrument, das Talbot Mandole nennt, zitiert er einen gewissen Mr. Lewis, wonach dieses Instrument fünf Chöre besitze: der tiefste ist doppelt besaitet, die höheren vier aber sind einzeln aufgezogen.  

• 1733: Philip Mercier: Gemälde ”The Music Party”, National Portrait Gallery, London, datiert 1733
Dieses Bild zeigt ein dreiköpfiges Ensemble mit Frederick, Prince of Wales und seinen Schwestern. Während Frederick Cello spielt, musizieren seine beiden Schwestern auf dem Cembalo und einem Lauteninstrument in Diskantgrösse. Die sieben Wirbel weisen das Instrument als 5-chörige Mandore mit einer Besaitung mit 3x1, 2x2 aus – wenn es sich nicht um eine 4-chörige Barockmandoline (1x1 + 3x2) handelt…

5. Zusammenfassung der bautechnischen Merkmale der Mandore und artverwandter Instrumente

Die Mandore hat vielerlei Ausgestaltung. Die Abgrenzung zwischen den diversen Diskantinstrumenten der Lautenfamilie scheint deshalb allein aus bautechnischen Gründen kaum möglich. Hinweise geben allenfalls die Stegbohrung und Anzahl Wirbel: Die Lauten- und Mandolineninstrumente haben eher doppelchörige Besaitung (ev. mit einzelner Chanterelle). Aber selbst diese Unterscheidung ist nicht gesichert. Zudem kommen Merkwürdigkeiten vor: Die Mandore von Boissart weist eine Stegbohrung von 4x1 auf, verfügt jedoch über sieben Wirbelplätze und 6 erhaltene Wirbel!
Hier wird nach Fertigstellung eine Tabelle mit den Merkmalen der verschiedenen Mandore-Formen eingefügt. 

6. Musikalische Quellen und bekannte Mandorenspieler
Diese Seite befindet sich noch im Aufbau. Für Interessierte wollten wir aber bereits eine erste Übersicht zur Verfügung stellen.

Wir wissen aus indirekten Zeugnissen, dass mehrere Drucke für Mandore existierten, von denen aber offenbar kein Exemplar mehr bekannt ist. Diese verschollenen Drucke weisen bei der folgenden Aufstellung eine in eckigen Klammern geschriebene Jahreszahl auf.

• [1578]: Pierre Brunet, Tablature de Mandorre, Paris, Adrian le Roy et Robert Ballard,1578 
Die Existenz dieses Drucks ist bekannt aus J.C.Brunet, Manuel du libraire et de l‘amateur de livres, 1860-1865, Supplément, col. 178; Georg Draudius, Bibliotheca exotica, Frankfurt 1610; Antoine Du Verdier und François La Croix du Maine, Les Bibliothèques françoises, III, S. 256, Paris 1772-1773

• [1585]: Adrian le Roy, L‘Instruction pour la mandorre, Paris 1585 
Diese Mandore-Tabulatur wird von Pierre Trichet in seinem gegen 1640 geschriebenen Traité des Instruments de Musique erwähnt.
Le Roys Musikdrucke für Laute, Renaissance-Gitarre und Cister beinhalten viele Werke, die jeweils auch für andere Lauteninstrumente umarrangiert wurden – wie man dies aus englischen Handschriften kennt, in denen ein bestimmtes Werk immer wieder auch für andere verwandte Instrumente auftaucht. Daher ist es denkbar, dass im verschollenen Mandore-Buch ebenfalls Stücke zu finden wären, die im Original für Laute komponiert sind respektive zahlreiche Konkordanzen zu Werken für Laute aufweisen könnten.

• 1625 bis 1630: Ulm, Stadbibliothek, Schermar-Sammlung Ms. 132, 133a, 133b, 239
Für die ausführliche Beschreibung der Schermar-Sammlung verweisen wir hier auf die Maitrise von François-Pierre Goy, Quelle 34-D-Us 132 auf S.I:234-I:239.
Das Digitalisat ist 2019 hergestellt worden und wird hoffentlich bald zugänglich sein.
Inventar:
Stimmungen / Instrument:
efhf: “en tierce” D-Us Smr 239, “accord de tierce” D-Us Smr 132 
(D-Us Smr 239, D-Us Smr 132)
ffhf: D-Us Smr 133b
ffhh: “à corde avallée” D-Us Smr 239, “accord avallée [sic!]” D-Us Smr 132 (D-Us Smr 239, D-Us Smr 132)
hefh: “ton nouveau” D-Us Smr 239 & 132
hfh: D-Us Smr 133a
hfhf: “ton commun” D-Us Smr 239 & 132 
5 Chöre: D-Us Smr 133b, D-Us Smr 239, D-Us Smr 132
4 Chöre: D-US Smr 133a

Physische Beschreibung:
Provenienz:
Besonderheiten:
Die früheste erhaltene Sammlung mit Musik für Mandore stammt aus der Schermar-Sammlung der Stadtbibliothek Ulm: Ms. 132, 133b und 239 meist für 5-chörige, 133a ganz für 4-chörige Mandore. Zu datieren sind die insgesamt vier Bände zwischen 1625 und 1630, in zwei Bänden ist die Jahreszahl 1626 notiert. Die Musik ist fast durchweg im damaligen französischen Stil komponiert. In den Manuskripten sind Tanzmusik und populäre Formen wie Courantes, Sarabandes, Galliarden überliefert. Deutlich überwiegen Courantes. Interessant sind die Mandore-Versionen von bekannten Stücken wie En Revenant de St. Nicholas, Courante La Vignonne, La Vallette, Pantalon oder Branle de village, von denen es zahlreiche Fassungen für die Laute gibt. Vorzugsweise spielt man diese Musik in „klassischer“ Fingertechnik. Insgesamt werden vier Stimmungen verwendet, von denen eine als "ton nouveau" bezeichnet wird (Quint-grosse Terz-Quart-Quint = hefh) nur durch diese Handschriften bekannt ist.
Das kompositorisch und technisch anspruchsvollste Mandore-Manuskript dieser Sammlung trägt die Signatur 239 und ist mit «Laroussiére: Mandor Buch» überschrieben, welches auf einer Folio die Jahreszahl 1626 trägt. Laroussière, der kompositorisch – zumindest für die Laute – nicht weiter in Erscheinung tritt, scheint ein versierter Komponist gewesen zu sein. Dem Repertoire nach war er mit der Tanzmusik, wie sie am französischen Hof gepflegt wurde, vertraut. 

Instrumente 29 Mandore Musik

Courante, aus: «Laroussière: Mandor Buch». Schermar-Sammlung Sign. 239, Stadtbibliothek Ulm

Das umfangreichste Manuskript von etwa 120 Folios trägt die Signatur 133b mit musikalisch und technisch leichter zugänglicher Musik als in Signatur 239. Es überwiegen die Couranten. Das dritte Manuskript 133a wiederum trägt die Überschrift «Tabulaturbuch zu dem Mandor» und enthält auf den ersten 9 Folios dieselben Stücke wie in Signatur 133b, die restlichen Folios aber sind leer.
Interessant ist das vierte Manuskript (Signatur 132) mit einer Anleitung zur Intavolierung: Es zeigt die Vorgehensweise des Intavolierens, des Arrangierens von Liedgut in eine Instrumentalfassung für die Mandore, in dem das Lied oder ein Lautenwerk dem Arrangement für Mandore gegenüber gestellt wird. 
Die Überschriften lassen schliessen, dass die Manuskripte zum einen Teil von einem Deutschsprachigen kopiert worden sind, der offensichtlich eine Beziehung zu Frankreich zu haben schien, zum andern Teil durch seinen Pariser Mandore-Meister.[8].
Im Journal of the Lute Society of America XL (2009), S. 1-89, vergleicht François-Pierre Goy drei Versionen von Pierre Gaultiers „Bataille“ in D-Us Smr Misc. 133b von 1626, in Pellegrinis „Armoniosi concerti sopra la chitarra spagnuola“ von 1650 und in Pierre Gaultiers Druck von 1638. Appendix II (S. 36-45) zeichnet Schermars Reisen (1622-1628) nach, Apendix III (S. 46-57) enthält das Inventar der Quelle 133b. Goy identifiziert Hand A von D-Us Smr Misc. 133b mit Anton Schermar.

• 1629: François de Chancy, Tablature de mandore, Paris, Pierre Ballard, 1629

Instrumente 30

Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus: Bibliothèque Nationale de France, département de la Musique, Rés Vm7 581

Inventar:
Stimmungen / Instrument:
Physische Beschreibung:
Provenienz:
Besonderheiten:
Die ausgereifteste und „durchkomponierteste“ Musik für Mandore findet sich im einzigen erhaltenen Tabulaturdruck für Mandore, der Tablature de mandore von François de Chancy (gest. 1656). Die Musik zeugt von sehr hoher Qualität mit einem geradezu kultivierten, intellektuellen Repertoire, ähnlich der zeitgenössischen französischen Lautenmusik seiner Zeit in Accords nouveaux. Die Musik wird hier suitenartig (z.B. Recherche-Allemande-Courante-Sarabande) zusammengefasst, wie in seinen zwei Jahre später erschienenen Lautenstücken. Chancy ist auch ein wichtiger Komponist für Balletmusik und «Airs de cour», der auf eine lange und erfolgreiche Karriere am französischen Hof zurückblicken konnte. Er trug den Titel «Maitre de la Musique de la Chambre du Roi», stand im Dienst Kardinal Richelieus, später im königlichen Dienst und publizierte einige Musikbücher. 
Das Mandore-Buch war de Chancys erste Publikation, die er Kardinal Richelieu widmete. Die Musik ist für eine 4-saitige Mandore in überwiegend Quint-Quart-Quint-Stimmung (hfh) notiert. Es kommt aber auch Musik vor, für die de Chancy zwei weitere Stimmungen angibt: Quart-Quart-Quint (ffh) und grosse Terz-Quart-Quint (efh). Die Kompositionen im französischen Stil eignen sich hervorragend für die Interpretation mit einem Plektrum. Indes gibt de Chancy keine Spielanleitung, dafür eine Illustration einer Mandore und eine Tabulatur wieder, welche die Intervalle der Mandore zeigt. Er nennt aber keine Stimmung respektive Tonhöhe.

• ca. 1625 bis 1635; spätestens aber 1644: John Skene Manuscript (GB-En, MS Adv.5.2.15)

Instrumente 31

Remember me at eveninge” aus: John Skene Mandore Book, ca. 1625-1644. Edinburg, National Library MS Adv.5.2.15

Inventar: mit freundlicher Genehmigung von Donald Gill entnommen aus: The Lute, Vol. XXVIII (1988), S. 26-32
Stimmungen / Instrument:
Physische Beschreibung: 252 Seiten in 8 Sektionen, wobei ein Doppelblatt der letzten Lage fehlt.
I: S. 1-48
II: S.49-64
III: S. 65-110 (Die Paginierung, die wohl aus dem stammt, hört hier aus. Ab S. 86 stammt die Paginierung vom Bibliothekar der National Library.)
IV: S. 111-142
V: S. 143-188
VI: S. 189-218
VII: S. 219-224
VIII: S. 225-252
Provenienz: 1818 von Famiiie Skene of Curiehill and Hallyards; von John Skene of Hallyards kompiliert, der 1644 starb.
Besonderheiten:
Das John Skene Mandore Book aus Schottland beinhaltet 120 Stücke für 5-chörige Mandore. Es ist dank CD-Einspielungen von Ronn McFarlane oder Rob McKillop auch das bekannteste Manuskript für die Mandore [9] . Angelegt in französischer Tabulatur von John Skene in den Jahren zwischen etwa 1630 und 1644 verlangt die Musik eine 5-saitige Mandore in meist Quint-Quart-Quint-Quart-Stimmung (hfhf; Open Tuning). Auch Skene macht keine Angaben über irgendwelche Stimmtonhöhen. Interessant ist, dass wenig französische Musik in diesem Manuskript auftaucht, hingegen viele englische Maskes-Tunes wie Lady Elizabeths Maske, Prince Henrys Maske, Comedian Maske oder Sommerset Maske. Bemerkenswert ist eine Version von John Dowlands Frogg Galliard. Wie in den Manuskripten von Ulm stösst man auch hier auf einige „Evergreens“ wie En revenant de S. Nicolas oder Pantalon. Das meiste in diesem Manuskript trägt jedoch unüberhörbar schottischen Charakter. Es finden sich viele Konkordanzen zu fast allen schottischen Lautenmanuskripten inklusive dem Balcarres Lute Book von ca. 1700. 
Das Skene-Manuskript ist in acht Sektoren eingeteilt [10]. Bemerkenswert ist Sektor 3, in dem die Mandore to the old tune of the Lutt (Quart-Quart-Terz-Quart: ffef) gestimmt werden soll. Dieser Sektor beinhaltet zwanzig Stücke, die teilweise neu gesetzt aber auch in anderen Sektoren des Manuskriptes erscheinen.
John Skene scheint offensichtlich ein Amateur gewesen zu sein: viele Schreibfehler, Missverständnisse in Rhythmus oder Melodie geben davon Zeugnis. Trotz seiner unzähligen, eigenhändigen Korrekturen müssen viele Stücke im Manuskript erst minuziös rekonstruiert werden, um sie überhaupt spielbar zu machen. Die 5-saitige Mandore, welche sein Manuskript verlangt, dürfte jener nahe kommen, welches von Mersenne und Trichet beschrieben wurde und Lubin Baugin in seinem Stillleben darstellte.

• [1648] und [1654]: Valentin Strobel d.J.: verschollene Concerte
Laut Mendels Conversations-Lexicon, Bd.10, Berlin 1878, S.15-16, existierten Drucke von Valentin Strobel dem Jüngeren. Deshalb sei hier der ganze Artikel wiedergegeben:
„ Strobel, Valentin, ein berühmter Lautenist und Componist, lebte zu Strassburg um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Er gab heraus »Melodien über deutsche weltliche Lieder sammt den Ritornellen mit zwei Violinen und einem Bass« (Strassburg, 1652, erster Theil). »Zwei Symphonien mit drei Lauten und einem Mandor, auch mit vier Lauten und Bass und Diskant« (ebend. 1654, in 4°).“
Im MGG II werden folgende Werke für Mandore aufgeführt, wobei die Herkunft dieser Angaben nicht erläutert wird:
• Concerte für 3-4 Lauten, Mandora (= Mandore), Baß- und Diskantgambe, Tl. 1, 1648, verschollen
• Concerte für 3-4 Lauten, Mandora (= Mandore), Baß- und Diskantgambe, Tl. 2, 1651, verschollen
• Symphonien für 3 Lauten, Mandora (= Mandore), Baß- und Diskantgambe, 1654, verscholle 

• Mitte 17. Jahrhundert: US-R Sibley Music Library, Vault M 125 FL XVII

Inventar:
Stimmungen / Instrument:
Physische Beschreibung:
Provenienz:
Besonderheiten:
Die Mandoren- und Lautentabulatur aus der Sibley Music Library in Rochester für 5-chörige Mandore stammt ebenfalls wahrscheinlich aus der Mitte der 17. Jahrhunderts. Der Schreiber ist auch durch zwei wichtige Lautenhandschriften bekannt, die wesentlich anspruchsvollere Musik enthalten: Paris, Bibliothèque nationale de France, Rés. Vmf ms. 51 und Berlin, Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz, Mus. ms. 40600 [11]. Dieselbe Hand taucht auch in der Lautenliederhandschrift Washington auf (US-Wc, M 2 1 T 2 17 D Case). Da die Pariser Handschrift viele Stücke von Johann Gumprecht enthält, handelt es sich vielleicht um einen Strassburger Meister. Ob es sich dabei um Strobel handeln könnte?

• Ende des 17. Jahrhunderts?: US-R Sibley Music Library, Vault ML.96.L.973

Inventar:
Stimmungen / Instrument:
Physische Beschreibung:
Provenienz:
Besonderheiten:
Ferner befindet sich ein Manuskript für Gitarre und Mandore in Rochester. Es enthält 37 Gitarren- und 38 Mandore-Stücke.  Bötticher [12]  datiert diese Quelle ins Ende des 18. Jahrhunderts, während Tyler [13] sie aufgrund von Repertoire und Stil ein Jahrhundert früher ansetzt. 

• nach 1660: Gallot Guitar Book (GB-Ob Ms.Mus. Sch. C. 94)

Instrumente 32

”Gigue” aus: Gallot Guitar Book. Oxford, Bodleian Library, MS Mus. Sch. C94, f.131

Inventar:
Fol. 131r.1: b mol / Gigue (efhf)
Fol. 131r.2: b mol. / Sarabande (efhf)
Fol. 131r.3: Sarrabande (efhf)
Fol. 131v.1:  b mol / Courante (efhf)
Fol. 131v.2: Sarabande / b mol. (efhf)
Fol. 131v.3: Sarabande (hfhf)
Fol. 132r: Courante (dfhf)
Physische Beschreibung:
Provenienz:
Besonderheiten:
Eine weitere Quelle für Mandore-Musik ist das Gallot Guitar Book, welches einem französischen Musiker namens Henry Francois de Gallot gehört haben soll und/oder anderen Musikern, die mit der Restaurierung des englischen Hofes ab 1660 in Verbindung gebracht werden können. Auf zwei Folios [14] wird die Musik mit  pour la mandore überschrieben. Die Musik französischen Charakters verlangt eine 5-chörige Mandore. Das Repertoire verlangt Fingertechnik. 

• KEINE Mandore-Tabulatur ist die mit »Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, Cavotten auss underschiedlichen Tonen mit sonderbarem Fleiss von der Lauten und Mandor auff das Spinet von einem beedes der Lauten, Mandor und dess Clavier Verständigen abgesetzt, Anno 1672 den 18 May« betitelte Handschrift Mus. ms. 17 (früher Ms. 2897) der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt. Sie enthält Bearbeitungen für Tasteninstrument in deutscher Orgeltabulatur [15].

Bisher nicht erwähnte Mandorenspieler
Ein virtuoser Spieler soll Jacques de Belleville (gest. zwischen 1636 und 1647), Ballettmeister unter Louis XIII ab etwa 1615, gewesen sein. Von ihm aber sind lediglich elf Lautenstücke bekannt, die in Lord Herbert of Cherburys Lute Book und in einer Anthologie von Ballard überliefert sind. Es ist jedoch denkbar, dass von ihm einige Mandore-Stücke in den Mandore-Manuskripten der Schermar-Sammlung (Ulm) zu finden wären.
Simon Jumentier oder Le Jumantier, sieur de Laroussière (gest. 1633) taucht als Lautenspieler in den Archivalien auf [16], ist aber als Komponist nur durch seine (wahrscheinlich eigenhändigen) Werke in einer der Handschriften der Schermar-Sammlung bekannt. 
Und am 17. Juni 1632 hört der junge lautenbegeisterte Bullen Reymes einen der Gaultier (wahrscheinlich Ennemond), der die Mandore spielt [17].

Anmerkungen:

1 siehe: Carlo Angelo Cecconi, Gaspar Ferrari e altri „chitarrari“ romani del XVIII secolo, in: Leutaro in Roma (Katalog zur Ausstellung im Palazzo Venezia Rom, 18.10. bis 18.11. 2008), S.14-19 und Gerardo Parrinello, Gaspar Ferrari e il mandolone a Roma, in: ebda., S. 20-24

Die Entwicklung der Neapolitanischen Mandoline ist beschrieben in Schlegel & Lüdtke: Die Laute in Europa 2, Menziken 2011, Bilder S. 216-218, Text S. 106-110.

2 Laurence Wright, The Medieval Gittern and Citole: A Case of Mistaken Identity (Galpin Society Journal 30, Mai 1977, S. 8-42

3 Edmund A. Bowles, Musical Performance in the Late Middle Age. Minkoff 1983

4 Martin Kirnbauer, Crawford Young, Musikinstrumente aus einer mittelalterlichen Latrine. Institutsbeilage der Schola Cantorum Basiliensis 1/2001; Martin Kirnbauer, Musikzeugnisse des Mittelalters, in: Archaeologie in Deutschland 6/2002, S. 54-55

5 Die Stimmangaben werden in der für Bundinstrumente üblichen Art von der höchsten Saite her mit Tabulaturbuchstaben präzisiert: a bedeutet unisono zwischen den betreffeden Saiten resp. Chören, b eine kleine Sekund, c eine grosse Sekund, d eine kleine, e eine grosse Terz, f eine reine Quarte, g ein Tritonus, h eine reine Quite etc.)

6 „La mandore… est le racourcy et le diminutif [du luth], c‘est pourquoi on l‘appelle luthée“ (Mersenne, HU, livre.2, S.93)

7 Eine Edition der relevanten Abschnitte findet sich in: Michael Prynne, James Talbot's Manuscript, im Teil IV. Plucked Strings – The Lute Family, in: Galpin Society Journal, Vol. 4 (March 1961), S.52-68

8 Eine offene Frage ist, ob es sich nicht um Anton Schermar selbst handeln könnte. Vielleicht gibt es Antworten in der folgenden Bibliographie:

Breitenbruch, Bernd: Sammeleifer mehrerer Generationen. Zur Geschichte der Schermarbibliothek. In: Ulmer Forum 49 (1979) S. 34-36

Gottwald, Clytus: Katalog der Musikalien der Schermar-Bibliothek Ulm. Beschrieben von Clytus Gottwald. Wiesbaden 1993

Marmein, Peter: Die Schermarbibliothek in Ulm: Zur Geschichte einer patrizischen Büchersammlung. Assessorarbeit. Köln: Bibliothekar-Lehrinstitut 1981

Wiegandt, Otto: Anton Schermar und seine Bibliothek im Ulmer Münster. Spiegel einer Persönlichkeit. In: Ulmer Forum 32 (1974/75) S. 52-57

9 Ronn McFarlane, The Scottish Lute. Dorian 90129; Rob McKillop, Flowers of the Forrest. Greentrax 155

10 Donald Gill, The Skene Mandora Manuscript. In: The Lute, Vol. 28 (1988)

11 Dieter Kirsch, Lenz Meierott und François-Pierre Goy (Hrsg.), Berliner Lautentabulaturen: zwei Handschriften aus der Mitte des 17. Jahrhunderts für Laute und Gitarre, Mainz etc., Schott, 1996, S.4 

12 Wolfgang Boetticher, RISM B VII, S. 47

13 James Tyler, The guitar and its music, S. 31 und 142

14 Oxford, Bodleian Library, MS Mus. Sch. C94, ff.131-132

15 Bruce Gustafson. The sources of seventeenth-century French harpsichord music. UMI 1977, S. 72-73

16 Yolande de Brossard. Musiciens de Paris 1535-1792. Picard, 1965, S. 158 u. 183

17 François-Pierre Goy, Luth et guitare dans le journal et la correspondance (1631-1636) de Bullen Reymes. In: Luths et luthistes en Occident : actes du colloque organisé par la Cité de la musique, 13-15 main 1998, Cité de la musique 1999, S. 191. LINK