Accords nouveaux

François-Pierre Goy & Andreas Schlegel

Ein wichtiger Schlüssel zur Einarbeitung in das Thema stellen saubere Definitionen der verwendeten Fachausdrücke dar. Deshalb sollen hier zuerst die Begriffe „Stimmung“ und „Temperatur“, dann die Komma resp. "Fehler"-Bezeichnungen, dann die verschiedenen Intervallberechnungen definiert werden:

Stimmungen bezeichnen Systeme mit absolut reiner Quinte oder Terz. 

Der Begriff "temperieren", von dem der Begriff der musikalischen Temperatur abgeleitet ist, bedeutet "richtig bemessen". Temperaturen suchen den Ausgleich zwischen reinen Intervallen und der Möglichkeit von enharmonischen Verwechslungen. Dies mit dem Ziel, den Tonvorrat zu erweitern. 

 

Kommata und andere "Fehler" des Systems

Pythagoräisches Komma: 12 reine übereinander gelegte Quinten mit dem Verhältnis 3:2 (3. Partialton) (z.B. Ges - des - as - es' - b' - f'' - c''' - g''' - d'''' - a'''' - e''''' - h''''' - fis'''''') sind grösser als sieben übereinander gelegte Oktaven. Diese Differenz (hier Ges - Fis) wird pythagoräisches Komma genannt und beträgt ca. einen Viertel eines gleichstufigen Halbtons (23,46 Cent). Berechnung, wie wir sie bei Theoretikern finden: (2:3) hoch 12 / (1:2) hoch 7= (2x2x2x2x2x2x2x2x2x2x2x2 / 3x3x3x3x3x3x3x3x3x3x3x3) / (1x1x1x1x1x1x1 / 2x2x2x2x2x2x2) = (4’096 / 531’441) / (1 / 128) = 524’288 / 531’441 (ca. 73:74).

Syntonisches oder didymisches Komma: 4 reine übereinander gelegte Quinten mit dem Verhältnis 2:3 (3. Partialton) (z.B. C - G - d - a - e') ergeben eine grosse Terz (pythagoräische Terz mit 407,82 Cent, hier C - E), die etwa um einen Fünftel Halbton grösser ist als die reine Terz (4:5 resp. 64:81). Diese Differenz wird syntonisches oder didymisches  Komma genannt und beträgt 21,51 Cent). Berechnung: 5:4 * 64:81 = 80:81. Dies ist auch der Unterschied zwischen einem grossen (9:8) und kleinen Ganzton (10:9).

Schisma: Differenz zwischen dem pythagoräischen und dem syntonischen Komma (1,9537 Cent). Das Schisma entspricht NICHT dem Zwölftel des pythagoräischen Kommas, auch wenn sich die Zahlenwerte – besonders bei gerundeten Angaben in Cent – sehr ähneln (Zwölftel pythagoräisches Komma = 1,9550 Cent)! Berechnung: 2 hoch 7 / (3:2) hoch 12 * 81:80 = 42'467'328:42'515'280

Enharmonisches Komma oder kleine Diësis: 3 übereinander gelegte reine grosse Terzen (5:4) (z.B. C - E - Gis - His) ergeben in der gleichstufigen Stimmung eine Oktave, in reiner Stimmung fast ein Viertelton weniger. Die Differenz zwischen drei reinen grossen Terzen und einer Oktave wird enharmonisches Komma oder kleine Diësis genannt und beträgt 41,06 Cent. Berechnung: (5:4) hoch 3 = 125:64; 2:1 = 128/64. Somit beträgt der Unterschied 128:125.

Grosse Diësis: 4 übereinander gelegte kleine Terzen (6:5) (z.B. E - G - B - des - fes) ergeben in der gleichstufig-temperierten Stimmung eine Oktave, in reiner Stimmung über ein Viertelton mehr. Die Differenz zwischen vier reinen kleinen Terzen und einer Oktave wird grosse Diësis genannt und beträgt 62,57 Cent. Berechnung: (6:5) hoch 4 = 1'296:625; 2:1 = 1'250/625. Somit beträgt der Unterschied 1296:1250.

 

Intervallberechnungen

Durch die harmonische Oktavteilung können folgende reine Intervalle abgeleitet werden:

- aus der Oktave (1:2) die Quarte und Quinte: 2:3:4; Quinte 2:3, Quarte 3:4

- aus der Quinte (2:3) die grosse und kleine Terz: 4:5:6; grosse Terz 4:5, kleine Terz 5:6

- aus der grossen Terz (4:5) ein grosser und ein kleiner Ganzton: 8:9:10; grosser Ganzton 9:8, kleiner Ganzton 9:10

Apotome (in pythagoräischer Stimmung relevant): Das Verhältnis zwischen 7 übereinander gesetzten reinen Quinten (2:3) (z.B. C - G - d - a - e' - h' - fis'' - cis''') und 4 Oktaven (1:2) wird Apotome genannt und beträgt 113,69 Cent. Das so erzeugte cis''' liegt eine Apotome über dem c'''. Der so berechnete Halbton ist eine übermässige Prime. Berechnung: (2:3) hoch 7 :  (1:2) hoch 4 = 2'048:2'187

Limma oder Leimma (in pythagoräischer Stimmung relevant): Das Verhältnis zwischen 5 übereinander gesetzten reinen Quinten (2:3) (z.B. C - G - d - a - e' - h') und 3 Oktaven (1:2) wird bei Philolaos Diësis, seit Euklid Limma oder Leimma genannt und beträgt 90,22 Cent. Das so erzeugte h' liegt ein Limma unter dem c''. Der so berechnete Halbton ist eine kleine Sekunde. Berechnung: (1:2) hoch 3 : (3:2) hoch 5 = 243:256

Kleiner chromatischer Halbton (in mitteltönigen Temperaturen relevant): 25:24, 71 Cent

Limma (kleine Sekunde): 256:243, 90,22 Cent

Grosser chromatischer Halbton (in mitteltönigen Temperaturen relevant): 135:128, 92 Cent

Diatonischer Halbton (in mitteltönigen Temperaturen relevant): 16:15, 112 Cent

Apotome (übermässige Prime): 2'187:2'048, 113,69 Cent

Reiner kleiner Ganzton: 10:9, 182 Cent

Reiner grosser Ganzton: 9:8, 204 Cent

In der Renaissance ging man von der reinen Terz aus. Aus der Gleichung "Reine grosse Terz  = grosser Ganzton + kleiner Ganzton" entstanden die zwei Ganztonvarianten. 

Reine kleine Terz: 6:5, 315,64 Cent

Reine grosse Terz: 5:4, 386,31 Cent

Pythagoräische Terz: ein syntonisches Komma (21,51 Cent) grösser als eine reine Terz: 81:64, 407,82 Cent

Reine Quarte: 4:3, 498,04 Cent (Oktave minus reine Quinte = 1200 Cent - 701,96 Cent = 498,04 Cent)

Pythagoräische Wolfsquinte: um das pythagoräische Komma verminderte reine Quinte (701,96 Cent - 23,46 Cent): 177'147:262'144, 678,50 Cent

1/4-Komma mitteltönige Quinte: 696,58 Cent

Reine Quinte: 3:2, 701,96 Cent

Mitteltönige Wolfsquinte bei 1/4-Komma-mitteltöniger Stimmung: Differenz zwischen 11 aufeinendergeschichteten mitteltönigen Quinten und der 7. Oktave des Grundtons: 737,64 Cent